Tiefe Kosten dank Energie-Effizienz
Quelle: Tag und Mann

Tiefe Kosten dank Energie-Effizienz

Von Janick Tagmann

Steigende Energiekosten betreffen die ICT-Industrie mit ihren erheblichen Energie-Ausgaben direkt. Entsprechend wird viel getan – das Potential ist jedoch noch nicht ausgeschöpft.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2013/10

     

Für Schweizer IT-Unternehmer und IT-Verantwortliche in Unternehmen ist es mittlerweile selbstverständlich, sich für einen nachhaltigen Umgang mit Energie einzusetzen. Dies erstaunt nicht, da der Stromverbrauch eines Rechenzentrums beispielsweise bis zu 30 Prozent des gesamten Stromverbrauchs eines Dienstleistungsunternehmens ausmachen kann. Vor etwa fünf Jahren setzte dieses grosse Umdenken bei den IT-Verantwortlichen der grossen Rechenzentren von Finanzdienstleistern und Versicherern ein. Bis zu diesem Zeitpunkt galt die Devise «Safety first». Das Thema Energie-Effizienz wurde stiefmütterlich behandelt. Dabei hat eine höhere Energie-Effizienz keine negative Auswirkung auf die Sicherheit der Systeme. Der grosse Wandel setzte erst dann ein, als aufgezeigt werden konnte, dass in Rechenzentren die Stromkosten dank Energie-Effizienzmassnahmen um 50 und mehr Prozent zurückgehen.

Virtualisierung als Meilenstein

Früher sagte man: eine Anwendung, ein Server. Dies führte dazu, dass viele Server bei konstantem Stromverbrauch nur zu fünf bis zehn Prozent ausgelastet waren. Mit der Virtualisierung wurde es möglich, mehrere Applikati­onen auf einem Server zu nutzen. Die Konsequenz: Ein Server mit zehn Applikationen braucht heute 90 Prozent weniger Strom, als wenn jede Applikation einen einzelnen Server benötigt. Das Virtualisierungspotential liegt für Schweizer Unternehmen bei etwa 80 Prozent. Die Stromeinsparungen sind entsprechend nicht in Kilowattstunden (kWh), sondern in Gigawattstunden (GWh) zu erfassen, auch wenn neue Spiegelungsrechenzentren zur Sicherung der Daten jüngst den Stromverbrauch wieder etwas nach oben korrigierten.

Infrastrukturmassnahmen wichtig


Mit der Virtualisierung wurden die Werte der sogenannten Power Usage Effectiveness (PUE) aus den Angeln gehoben. Die PUE ist das Verhältnis, in welchem in einem Rechenzentrum oder in einem Serverraum eines KMU die Energie durch das IT-Equipment selbst oder durch die dazugehörige Infrastruktur verbraucht wird. Dies heisst jedoch nicht, dass es bei der Konstruktion der Infrastruktur von Serverräumen keine erheblichen Einsparpotentiale gibt. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang Massnahmen in den Bereichen Wärme-Abfuhr, Regelungstechnik, Kühlung und generell der Raumtemperatur.
Die optimale Wärme-Abfuhr beginnt bereits bei der Architektur des Serverraums beziehungsweise mit der Frage: Wie stellt man die Racks auf? Hier müssen architektonische Massnahmen berücksichtigt werden, die es ermöglichen, dass auf der einen Seite die Kaltluft reinkommt und auf der anderen Seite die Warmluft entweichen kann, damit mit so wenig Luft wie möglich die Wärme abgeführt werden kann. Die Nichtvermischung von Warm- und Kaltluft ist bei der Architektur der Schlüssel zu einem tieferen Energieverbrauch.

n+1-Philosophie überholt


Häufig kommt es vor, dass falsche Annahmen bezüglich der Sicherheit den Energieverbrauch in die Höhe schnellen lassen. So verfügt jeder Serverraum zumindest über einen Reservekühler, damit beim Ausfall eines Geräts eine konstante Temperatur des Serverraums gewährleistet werden kann. Nur: Dieses Gerät wird vielfach gar nicht in Betrieb genommen und als wahre Reserve zurückbehalten. Aus Effizienzüberlegungen macht das keinen Sinn, da der Betrieb aller Kühler eine grössere Kühlerfläche und somit eine gesteigerte Effizienz bei der Wärmeabführung gewährleistet. Zudem gehen genutzte Geräte nicht häufiger kaputt als nicht eingesetzte Reserven.

Einsatz von Kältemaschinen


Ebenfalls wichtig ist die optimale Regelung der Kältemaschine. Eine Kältemaschine nimmt unter Zuführung externer Energie Wärme unterhalb der Umgebungstemperatur auf und gibt sie an anderer Stelle bei höherer Temperatur für die Kühlung ab. Für die Effizienz der Kältemaschine ist die Temperaturdifferenz zwischen Verdampfung und Kondensation entscheidend. Häufig wird die Aussentemperatur bei der Nutzung dieser Maschine nicht beachtet – ein Fehler.
Wird die Kondensierungstemperatur der Kältemaschine gleitend an die Aussentemperatur angepasst, können durch unterschiedliche Aussentemperaturen Energie-Einsparungen erzielt werden. Das heisst auch, dass beispielsweise bei Aussentemperaturen von 10 bis 15 Grad Celsius gänzlich auf den Einsatz der Kältemaschine im Serverraum verzichtet werden kann (sogenannte freie Kühlung). Diese scheinbar kleine Massnahme kann mit einer Stromeinsparung von 50 Prozent bei der Kältemaschine zu Buche schlagen.

EnAW unterstützt Unternehmen

Entscheidet sich ein Betrieb dafür, an seiner Energiebilanz zu arbeiten, ist die EnAW (Energie-Agentur der Wirtschaft) ein geeigneter Ansprechpartner. Zusammen mit mittlerweile über 2400 Teilnehmern konnte die EnAW im Jahr 2012 mehr als 100’000 Tonnen CO2 und über 100 Gigawattstunden Strom einsparen. Als Non-
Profit-Organisation bietet die EnAW ihren Teilnehmern Dienstleistungen im Energie-Management mit von Behörden anerkannten Produkten, Dienstleistungen und ISO-50001-konformen Tools. In der Umsetzung setzt sie auf wirtschaftliche Effizienzmassnahmen, die den Energieverbrauch und den CO2-Ausstoss der Teilnehmer senken. Die EnAW-Moderatoren und -Berater unterstützen IT-Unternehmen bei Fragen rund um die Infrastruktur des Serverraums, aber auch bezüglich Energieeffizienz am Arbeitsplatz.

Ab 20’000 Franken Energiekosten


Mit dem KMU-Modell bietet die EnAW ein auf die Bedürfnisse von KMU zugeschnittenes Dienstleistungspaket. Die Teilnahme rechnet sich ab jährlichen Energiekosten von 20’000 Franken. Der Prozess funktioniert folgendermassen: Zusammen mit einem EnAW-Berater wird der Betrieb bezüglich möglicher Energiesparpotenziale untersucht. Auf dieser Basis werden Massnahmen vorgeschlagen. Das Unternehmen schliesst darüber eine Zielvereinbarung ab und entscheidet, wann welche Massnahmen umgesetzt werden und mit wem. Alle Massnahmen, die der EnAW-Berater dem Unternehmen vorschlägt, folgen dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit. Das heisst: Sie lohnen sich durch fortlaufende Energie-Einsparungen finanziell. Über ein jährliches Monitoring wird überprüft, ob das Unternehmen auf seinem vereinbarten Zielpfad ist.

Energiespartipps

Ob Rechenzentrum einer Grossbank oder Serverraum eines KMU: Diese Energiespartipps sind für alle Unternehmen gleichermassen gewinnbringend:

1. Erhöhen Sie die Temperatur im Serverraum
Eine Kühlung des Serverraums auf 26 Grad Celsius reicht vollends und verringert die Kühl-­leistung der Kältemaschine.

2. Vermeiden Sie Hotspots
Wird warme Luft vom Server angezogen, führt dies zu einem Wärmestau. Eine klare Trennung von Kalt- und Warmgang mittels Einhausung oder zumindest eine klare Luftführung verhindert Wärmestaus im Serverraum und entlastet die Kältemaschine.

3. Gönnen Sie Ihren Geräten Ruhe
Achten Sie beim Kauf von Geräten auf deren Leistungsaufnahme in den verschiedenen Betriebszuständen und schalten Sie sie nachts und an Wochenenden ab. Sie sparen bis zu 50 Prozent der Energieaufnahme.

4. Machen Sie mit im KMU-Modell der EnAW
Zusammen mit dem KMU-Berater der EnAW untersuchen Sie Ihren Betrieb auf Herz und Nieren. Alle von der EnAW vorgeschlagenen Effizienzmassnahmen unterstehen dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit.

Von kantonalen Detailvorschriften befreien

In einigen Kantonen unterstehen Unternehmen mit einem grossen Energieverbrauch den kantonalen Energiegesetzen zur Steigerung der betrieblichen Energieeffizienz (Grossverbraucherartikel). Als grosser Verbrauch gilt ein Elektrizitätsverbrauch von mehr als einer halben Gigawattstunde pro Jahr: Eine Zahl, die von Unternehmen mit einem grösseren Rechenzentrum überschritten wird. Die EnAW arbeitet eng mit den Kantonen, die den Grossverbraucherartikel eingeführt haben, zusammen. Für die Unternehmen, die an einem Modell der EnAW teilnehmen und eine verpflichtende Zielvereinbarung eingehen, ist dies ein Vorteil, da sie von den kantonalen Detailvorschriften befreit werden. Sie können in ihrem Betrieb dort Energie einsparen, wo das Potential am grössten ist.


Janick Tagmann ist Inhaber der Agentur Tag und Mann.
Kontakt
Energie-Agentur
der Wirtschaft (EnAW)
Hegibachstrasse 47
8032 Zürich


044 421 34 45
info@enaw.ch
www.enaw.ch


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Was für Schuhe trug der gestiefelte Kater?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER