Server auslagern und Strom sparen

Die Nachfrage nach Co-Location, der Auslagerung der eigenen Server an einen Internet Service Provider, steigt. Wer einen Anbieter sucht, hat die Qual der Wahl.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2011/04

     

Rechenzentren oder Datacenter sind aufgrund ihres Dauer-Lastbetriebes grosse Energiefresser. Die Server selbst, aber auch die notwendigen zusätzlichen Lösungen für Kühlung oder Sicherheit beispielsweise, haben einen grossen Verbrauch. Die Möglichkeiten, Rechenzentren energieffizienter zu machen, wären heute vorhanden. Doch kleine und mittlere Unternehmen schrecken aufgrund der grossen Initialkosten oft vor einem Umbau zurück. Dafür steigt die Energieineffizienz in den stetig wachsenden Server-Räumen.
Eine Möglichkeit, sich dieser Sorgen zu entledigen, bietet sich im Outsourcing der Server. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Man schmeisst die alten Server weg und entscheidet sich, seine Systeme und Daten auf Servern eines Internet Service Providers (ISPs) in dessen Rechenzentrum zu betreiben, oder man nutzt die Möglichkeit der Co-Location. Damit bezeichnet man die Unterbringung und Netzanbindung von Kundenservern im Rechenzentrum des ISPs. Im Gegensatz zum Hosting wird die Hardware also nicht vom Anbieter bereitgestellt, sondern der Kunde bringt oder schickt seine Server dort hin.

Co-Location in der Schweiz

In der Schweiz gibt es eine ganze Reihe von ISPs, die Co-Location-Dienstleistungen anbieten, wobei in den letzten Jahren eine steigende und aktuell zum Teil hohe Nachfrage zu verzeichnen ist. In der Marktübersicht auf den folgenden vier Seiten finden sich insgesamt 15 Anbieter, wobei die Liste nicht abschliessend ist. Es gibt einige weitere Unternehmen, grosse und kleine, die ebenfalls Co-Location anbieten, allerdings oft nur als Ergänzung zu anderen Produkten und Services oder nicht «von der Stange», also nur als Individuallösungen.
Zur Marktübersicht gibt es weiter zu sagen, dass es sich mit drei Ausnahmen (Cyberlink, Swisscom und Weblink, die nur grössere Angebote haben) überall um Angebote für ein 1/4-Rack mit 10 beziehungsweise 11 Höheneinheiten Platz für Server handelt. Eine Grössenordnung, die für KMU, die in der Regel meist eine handvoll Server betreiben, Sinn macht. Wer mehr Platz braucht, dem bieten alle ISPs weitere Angebote mit Platz für bis zu einem ganzen Rack an.

Ideale, sichere Umgebung und transparente Kosten

Der grösste Vorteil von Co-Location ist laut den Anbietern die ideale Umgebung für den Betrieb der IT-Infrastruktur. «Der Kunde profitiert von der professionellen Umgebung mit entsprechenden Redundanzen in Notstrom, Klima und Internet-Anbindung», erklärt Philipp Koch von Nine Internet Solutions. Ausserdem entfalle die aufwendige und teure Wartung der Server-Umgebung. «Im Vergleich zu einem Server vor Ort bietet die Infrastruktur in einem Datacenter wesentlich mehr Sicherheit, sei es im Sinne der Verfügbarkeit oder der physischen Zerstörung», ergänzt René Schaad von iWay. Eine ähnliche Umgebung in einem Server-Raum im Büro zu schaffen, sei nicht möglich oder wirtschaftlich nicht rentabel.
Laut Roger Tobler vom ISP Datasource ist ausserdem die Kostenübersicht nicht zu verachten: «Man kann nicht überrascht werden. Zudem kann zu guten Preisen auf professionelle Infrastruktur gesetzt werden.» Apropos Preis: Dieser ist laut Matthias Maass von Weblink in den letzten Jahren deutlich gesunken, so dass heute eine eigene Mietleitung, fixe IP-Adressen usw. die monatlichen Kosten für ein Server-Housing oder für Co-Location übersteigen würden. Auch Adrian Voegelin von Begasoft Informatik schätzt Co-Location als tendentiell günstiger ein, es gebe mehr Leistung für das gleiche Geld. Zudem könne man das Investitionsrisiko auslagern.
ISP Green.ch nennt als weiteren Vorteil die Flexibilität, kurzfristiges Wachstum sei jederzeit möglich. Marc Heuberger von Deep bringt derweil noch ein typisches Pro-Argument für ein Outsourcing: «Unternehmen können durch Co-Location die Verantwortung auslagern und sich auf das Kerngeschäft konzentrieren.»

Sinkender Stromverbrauch – Realität oder Wunschdenken?

Ein Punkt wurde noch nicht angesprochen:Was ist mit den eingangs versprochenen, tieferen Stromkosten? Laut Patrick Hofmann vom ISP Zugernet ist die Energieeffizienz von Co-Location üblicherweise unschlagbar gegenüber dem «Selber machen». Zudem entfallen, wie Sebastian Hecht vom ISP Datawire erklärt, dank Co-Location die Stromkosten für die Server wie auch für Klimaanlagen inhouse und die Kosten im Datacenter seien deutlich günstiger.
Philipp Koch von Nine Internet Solutions ergänzt, dass durch eine Umsetzung der Green-IT-Prinzipien in einem professionellen Datacenter eine deutlich bessere Energieeffizienz möglich sei, als in kleineren, hausinternen Server-Räumen. «Datacenter-Betreiber Colozüri.ch setzt beispielsweise konsequent auf Kaltgänge und kann so auch bei wärmeren Aussentemperaturen mittels Free-Cooling die Server-Systeme kühlen, womit mehr als zwei Drittel der zur Kühlung notwendigen Energie eingespart werden kann», so Koch. Ausserdem können professionelle Rechenzentrumsbetreiber laut Green.ch von diversen Synergien profitieren, zum Beispiel bezüglich Kühlung oder USV, wodurch insgesamt Strom eingespart werden könne. Es kommt also auch stark auf das Rechenzentrum an, in dem die Racks des Co-Location-Anbieters stehen.

Wie hoch die Einsparung im Energieverbrauch tatsächlich sind, lässt sich schwer sagen. Die Anbieter wagen sich hier nicht auf die Äste hinaus. «Die Stromeinsparung rechnet sich dort, wo eine eigene Klimatisierung für die Server benötigt wird. Diese kann dann eingespart werden und schon einige hundert Franken oder mehr bedeuten», meint Matthias Maass von Weblink. «Durch das zentrale Betreiben der Anlagen können auf jeden Fall Kosten gespart werden. In welchem Prozentbereich sich das abspielt, wird jedoch sehr unterschiedlich sein, je nach Projekt und Unternehmen», ergänzt Roger Tobler von Datasource.
Weniger optimistisch ist René Schaad von iWay: «Grundsätzlich ist der Strombedarf abhängig von den eingesetzten Servern. Durch das Auslagern der Server in ein Datacenter mag der Stromverbrauch für das Unternehmen geringer ausfallen, die Kosten werden allerdings durch die Gebühren für das Housing kompensiert. Obwohl wir keine konkreten Berechnungen durchgeführt haben, glauben wir nicht, dass durch Co-Location Stromkosten gespart werden können.» Ähnlich tönt es von Enrico Goldhahn von Nexellent. Laut ihm ist der Stromverbrauch und ein mögliches Einsparungspotential kein Argument für eine Co-Location-Lösung: «Klar spart der Kunde Strom, dies ist aber nicht aussagekräftig genug, um die Entscheidung zu beeinflussen. Viel eher ist die Frage der Bereitstellung (Menge) und der Verfügbarkeit des Stroms von Wichtigkeit.» Ein Argument, dem auch Marc Heuberger von Deep beipflichtet.

Darauf muss man achten

Wo Licht ist, gibt es auch Schatten. Co-Location eignet sich trotz der vielen Vorteile nicht für jedes Unternehmen. Für Adrian Voegelin von Begasoft gibt es ein paar Dinge, die man beachten muss. Es entstehe ein nicht zu unterschätzender, einmaliger Aufwand für die Migration, eine Abhängigkeit vom Outscourcing-Dienstleister, was die Dienstleistungsqualität, das Wissensmonopol und die wirtschaftliche Lage betrifft, es bestehe das Risiko des Verlusts von relevantem, internem IT Know-how und die Messbarkeit der Vertragserfüllung sei nicht ganz einfach. René Schaad von iWay empfiehlt Unternehmen einerseits zu prüfen, ob allenfalls eine interne, virtuelle Umgebung Co-Location aus Kostengründen ersetzen kann. «Ausserdem macht Co-Location insbesondere dann, wenn der gesamte Service ausgelagert werden soll, wenig Sinn. Ein Beispiel wäre ein KMU mit 15 Angestellten, das seine Exchange-Mailboxen besser im Rahmen von Hosted-Exchange 2010 betreiben lässt, als ihren eigenen Exchange-Server in ein Datacenter auslagert», so Schaad. Laut Roger Tobler von Datasource eignet sich Co-Location ausserdem nicht für Unternehmen, die innerhalb kürzester Zeit Zugang zum Server haben müssen. Marc Heuberger von Deep ergänzt, dass Co-Location zudem bei grossen Datenmengen nicht sinnvoll sei, da die Übertragungsgeschwindigkeiten ebenfalls von der geografischen Lage abhänge. Weiter zeige sich, dass auch «schwere» Software-Lösungen wie beispielsweise Abacus für solche Betriebe eher schlecht einsetzbar seien.

Philipp Koch von Nine Internet Solutions glaubt derweil, und das ist ganz spannend, dass sich Co-Location schlecht für nicht energieeffiziente Server-Systeme eigne, da diese zu sehr hohen Betriebskosten führen: «Die Kosten eines Datacenters werden grösstenteils durch den Strombedarf bestimmt. Jedes zu bereitstellende Kilowatt muss bei der Klimatisierung, Notstrom und der ganzen Strominfrastruktur entsprechend dimensioniert sein.» Für Green.ch eignet sich Co-Location im Normalfall nicht für Firmen mit mehr als zehn Racks und für solche, die einen dedizierten Raum für sich beanspruchen wollen.

Die Qual der Wahl des Anbieters

Nach Betrachtung der verschiedenen Vor- und Nachteile von Co-Location stellt sich die Frage, worauf ein Unternehmen bei der Wahl des Anbieters achten sollte. Hierbei sind sich die meisten Anbieter einig: Die geografische Lage in der Nähe des Unternehmens sowie die angebotenen Sicherheits- und Supportdienstleistungen spielen eine zentrale Rolle.


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