Ein Quantensprüngchen
Quelle: SITM

iPhone XS

Ein Quantensprüngchen

Vom iPhone 8 zum neuen iPhone XS: ein lohnendes Upgrade.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2018/10

     

Das Problem eines jeden iPhone-Tests der letzten Jahre: Die Verbesserungen lagen oft im Detail, mussten mit der Lupe gesucht werden, und eine Kaufempfehlung war immer schwierig abzugeben, stellte sich doch die Frage, ob sich der relativ hohe Preis für die eher marginalen Verbesserungen denn auch rechtfertigt. Für diesen Test nun haben wir vom "normalen", sprich kleinen iPhone 8 zum iPhone XS migriert. Wir haben damit nicht wirklich eine Generation, allerdings eine wichtige Zwischenstufe der iPhone-Evolution ausgelassen, das iPhone X, das Apple vor Jahresfrist zusammen mit dem iPhone 8 vorgestellt hat und schon damals erklärte, damit den Weg zu zeigen, den das iPhone künftig gehen wird. Apple hat Wort gehalten – das iPhone X ist Modell gestanden für die neue iPhone-Generation, die aus dem iPhone XS, dem iPhone XS Max und dem iPhone XR besteht – zu Letzteren beiden mehr im Kasten.

Bevor wir mit unseren Testerfahrungen zum iPhone XS beginnen, ein paar Worte zum iPhone X, dem Wegbereiter der aktuellsten Generation. Dieses unterscheidet sich laut Drittberichten höchstens marginal von den neuen Geräten, man muss also schon ein ziemlicher Apple-Fanboy sein, um sich als iPhone-X-Besitzer ein XS zuzulegen. Im Alltag tatsächlich spürbare Verbesserungen gibt es offenbar primär bei der Kamera und der Geschwindigkeit der Gesichtsentsperrung, ansonsten sollen die Verbesserungen vor allem auf dem Datenblatt stattgefunden haben, so zumindest der Tenor der Plattformen, die beide optisch identischen Telefone verglichen haben.


Bedingt dadurch, dass wir quasi eine Halbgeneration – eben das iPhone X – ausgelassen haben, ist der Wechsel aufs neue iPhone schon fast ein Quantensprung – ein Quantensprüngchen sozusagen.

Im Dunkeln ist gut Entsperren

Die Unterschiede beginnen bei der Bauweise und mit dem praktisch flächendeckenden Display, dank dem die Displaygrösse von 4,7 auf 5,8 Zoll wächst, ohne dass das Telefon selbst merklich grösser wird. Und sie setzen sich fort beim ersten Einschalten: Die Darstellung des OLED-Displays eines iPhone XS ist merklich besser als diejenige des (durchaus guten) LCD des iPhone 8, das im Direktvergleich fast schon etwas milchig wirkt. Ein wesentlicher Unterschied ist auch der fehlende Home-Button, der durch Wischgesten ersetzt wird. Aller Skepsis zum Trotz gelingt diese Umstellung erstaunlich schnell und geht intuitiv von der Hand.


Mit dem Verschwinden des Home-Buttons verzichtet Apple auch auf den Fingerprint-Scanner – verbaut diesen also im Gegensatz zu Android-Mitbewerbern nicht auf der Rückseite. Stattdessen wurde eine Gesichtserkennung integriert, die sich gewaschen hat – sie ist beim iPhone XS blitzschnell, so dass man praktisch nicht mehr merkt, dass das Telefon überhaupt mal gesperrt war – und sie funktioniert im Gegensatz beispielsweise zur Gesichtsentsperrung beim Huawei P20 auch bei absoluter Dunkelheit – Infrarotlicht sei Dank. Prädikat: Top. Cool übrigens auch, dass die Gesichtserkennung für Apps, etwa für das Einsetzen von Passwörtern, benutzt werden kann. Einziges Gesichtserkennungs-Manko: Während man beim Fingerprint-Scanner mehrere Finger hinterlegen konnte – auch solche einer "fremden" Hand –, erkennt Face ID nur noch ein Gesicht. Wollen Partnerin oder Kinder also Fotos anschauen, muss man sein Gesicht hergeben oder seinen PIN-Code diktieren. Etwas schade ausserdem, dass Inhalte auch nach dem Entsperren erst nach einem Wisch nach oben angezeigt werden.

Tolle Portraits und smartes HDR

Zur Kamera: Im Gegensatz zum "kleinen" iPhone 8 besitzt das iPhone XS wie schon das iPhone X oder auch das 8 Plus auf der Rückseite zwei Linsen – ein Weitwinkel- und ein Teleobjektiv. Leider steht die Kamera nach wie vor aus dem Gehäuse hervor, sogar noch stärker als bei der einen iPhone-8-Linse, was man vor allem dann merkt, wenn man das ­iPhone XS ohne Hülle auf einem flachen Untergrund bedient. Es "lödelt" – wie man umgangssprachlich so schön sagt, so ein bisschen wie ein Gullideckel, der nicht sauber ­aufliegt.

Ansonsten führt Apple mit der Kamera des iPhone XS das weiter, was bereits mit dem iPhone 7 Plus begonnen und dem 8 Plus beziehungsweise dem iPhone X fortgesetzt wurde, für einen Ex-iPhone-mit-nur-einer-Linse-Besitzer aber sehr eindrucksvoll ist. So können Portraitfotos mit Tiefenunschärfe gemacht werden, wobei es sogar möglich ist, diese Tiefenunschärfe nachträglich zu verändern – die Resultate sind schlichtweg toll. Genauso wie auch die unterschiedlichen Lichteffekte, die zu einem Portrait zugeschaltet werden können (auf Wunsch ebenfalls erst nachträglich) und die Bilder auf Fotostudio-Niveau aus dem Handgelenk ermöglichen. Eine Neuerung der XS-Serie ist zudem Smart HDR, eine HDR-Weiterentwicklung, um noch mehr Details in helle Bereiche beziehungsweise Schattensituationen zu bringen oder auch die Resultate bei Gegenlicht zu verbessern. Im direkten Vergleich mit einem iPhone-8-Bild – und diese Aufnahmen sind alles andere als schlecht – sind die Unterschiede sichtbar, wie obenstehendes Beispiel zeigt. Allerdings nur im direkten Vergleich, so viel muss angefügt werden.


Verbessert wurden auch die Videoaufnahmen – zum einen bezüglich Video­stabilisierung, wobei wir finden, dass das bereits erwähnte Huawei P20 hier noch immer einen Ticken besser stabilisiert, zum anderen bezüglich Dynamikbereich. Hier hat Apple für Videos nämlich eine Art abgespecktes HDR entwickelt, bei dem die Bildfrequenz von den maximal möglichen 60 FPS auf 30 FPS halbiert, dafür aus zwei Bildern quasi ein Bild mit erweitertem Dynamikbereich erstellt wird. Man kann also nahezu 4K-HDR-Videos erstellen, wobei auch bei schlechtem Licht eine recht beeindruckende Qualität erreicht wird. Zum Thema Video noch erwähnenswert: Die Aufnahmen erfolgen in Stereo, genauso wie auch die Tonwiedergabe, wobei der Stereoeffekt beim iPhone XS deutlich hörbar ist.

Animojis sorgen für Wärme

Ein weiteres, wenn vielleicht auch etwas unnützes Highlight, sind die Animojis – sprich die Emojis, die die eigenen Gesichtszüge widerspiegeln und in Nachrichten versendet sowie neu auch in Facetime verwendet werden können. Die Spielerei mag unnütz sein, sorgt aber für Wow-Effekte und zeigt auf relativ beindruckende Art, was mit AR alles möglich ist. Und man spürt auch relativ schnell, was das iPhone alles leisten muss, um die Animojis darzustellen – das Gerät wird nämlich rasch ziemlich warm auf der Rückseite.

Ansonsten verspricht Apple eine gegenüber dem Vorgänger um eine halbe Stunde verbesserte Akku-Laufzeit, was man im täglichen Gebrauch aber kaum merken dürfte, genauso wenig die die grundsätzlich verbesserte Performance des gesamten Geräts oder der LTE-Verbindungen, die wohl auch nur im direkten Vergleich allenfalls festgestellt werden kann. Schliesslich haben wir auch noch einen Aspekt gefunden, wo das iPhone XS hinter dem iPhone 8 zurückliegt: Die Verarbeitung. Offenbar ist der Alurahmen des iPhone 8 einfacher sauber zu verarbeiten als der Rahmen aus Edelstahl des neuen Modells. Man spürt bei unserem Testgerät nämlich nicht nur eine Kante beim Übergang von Glas und Rahmen, sondern auch auf der Seite des SIM-Karten-Einschubs – was doch recht untypisch für Apple ist.


Ein letztes Wort noch zur neuen Farbe Gold: Diese wirkt in Tat und Wahrheit weniger wie Gold, sondern mehr wie Bronze, finden wir sehr hübsch und ist auf jeden Fall einen Blick wert.

Die iPhones XS Max und XR

Wie es die letzten Jahre schon grössere Plus-Versionen des iPhone 7 beziehungsweise 8 gab, gibt es zum iPhone XS das XS Max (ab 1299 Franken). Dieses unterscheidet sich vom kleineren Bruder allerdings nur in der Displaygrösse (6,5 Zoll) und beim Akku, der beim grösseren Gerät – bedingt durch ebendiese Grösse – etwas grösser ist beziehungsweise sein muss. Ab dem 26. Oktober wird Apple zusätzlich zu den beiden iPhone XS und XS Max auch das iPhone XR verkaufen – das im Ansatz an das farbige iPhone 5C von 2013 erinnert. Das ­iPhone XR erscheint in insgesamt sechs Farben und zu ­einem tieferen Preispunkt als die XS-Modelle – es wird ab 879 Franken verkauft. Dafür gibt es ein 6,1-Zoll-LC-Display anstelle des 5,8- oder 6,5-Zoll-OLED der XS-Telefone, Abstriche muss man zudem bei der Kamera machen, die lediglich über ­eine Linse verfügt, doch auch die bietet im Portrait-Modus einen Bokeh-Effekt. Und auch sonst liegen die Unterschiede ersten Tests zufolge im Detail, und für preisbewusstere Kunden ist das iPhone XR mehr als nur eine prüfenswerte Alternative. (mw)


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