Scope Management - Schlüssel zum Projekterfolg
Quelle: Swiss ICT Magazin

Scope Management - Schlüssel zum Projekterfolg

Von Thomas Fehlmann und Simon Moser

ICT-Projekte geraten oft in Schwierigkeiten. Laut CHAOS-Report der Standish Group International erreichen nur 34 Prozent die gesetzten Ziele bezüglich Qualität, Funktionalität, Kosten und Terminen. Aber wie kommt es, dass immer mehr ICT-Projekte in Australien, Finnland und Holland eine Erfolgsquote von 97 Prozent aufweisen? Scope Management ist die Antwort.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2013/11

     

Scope Management befasst sich mit der Planung und Lenkung der Projektergebnisse. Es soll nur entstehen, was zum erfolgreichen Abschluss notwendig ist. Es ist der zweite von zehn Wissensbereichen im Project Management Body of Knowledge (PMBOK). Nur sagt ein Wissensbereich noch nichts aus über dessen Implementierung. Deswegen wurde in Australien schon 2003 die Methode southernSCOPE‚ in Finnland northernSCOPE genannt, eingeführt. Diese legt fest, dass Scope Management bereits vor einer Projektausschreibung starten muss und durch eine unabhängige Fachkraft zu erfolgen hat. Es liegt zudem in der Verantwortlichkeit des Informatikauftraggebers. Der Projektleiter des Lieferanten ist dazu ungeeignet; Lieferanten neigen dazu, den Umfang eines Projekts laufend zu erweitern.

Wie ein Architekt bei einem grösseren Bauprojekt muss ein Scope Manager den Bauplan und das Volumen des ICT-Projekts bestimmen, damit eine ordnungsgemässe Ausschreibung möglich wird. Wie die SIA-Normen im Bauwesen sind für ICT-Projekte Normen für die Baupläne beziehungsweise Modelle und deren Vermassung verfügbar. Der Unterschied zum Bauwesen ist, dass die notwendigen Modelle und Metriken bei Bauprojekten – Grundriss, Seitenriss, Aufriss sowie der Kubikmeter und Längeneinheiten – jedem bekannt sind, während Modelle und Metriken für Software noch nicht jedem Informatikauftraggeber geläufig sind.

Methoden des Scope Managements

Scope Management nutzt internationale Normen wie ISO/IEC 19‘761 oder ISO/IEC 20‘926, sowie andere geeignete Methoden zur Erstellung eines messbaren Modells geplanter oder im Betrieb stehender Software. Anhand eines solchen Modells erkennt man den wahren Zustand eines Projekts. Es gibt eine reiche Auswahl an Methoden. Für die Beurteilung und Steuerung eines Projekts eignen sich die Success Driver Analyse (SDA), Methoden aus der Six Sigma Toolbox wie Kontrollkarten, Burndown Charts oder ein Projektaudit, um ein paar Beispiele zu nennen. Ein Scope Manager weiss, welche Methode geeignet ist.
Kein Auftraggeber im Bauwesen würde das Risiko eingehen, ein Projekt ohne einen SIA-geprüften Architekten zu starten. Aber wer in der Schweiz prüft Scope Manager und gibt ihnen ein öffentlich anerkanntes Zertifikat? So bleibt im Moment einem Auftraggeber in der ICT nichts anderes übrig, als ein Risiko einzugehen, das er sonst nie übernehmen würde. Die Schweizer Berufsverbände der ICT, aber auch das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, haben es bisher versäumt, solche Zertifikate zu akkreditieren. Auf europäischer Ebene bietet die European Certification & Qualification Association (ECQA) ein Scope Manager Zertifikat an.
Erstens muss Scope Management in jeder Informatikausbildung vorkommen und Teil jeder Managementausbildung werden. Durchsetzen müssen das die öffentliche Hand und die ICT-Berufsverbände. Zweitens müssen auch Juristen und Verwaltungsfachkräfte ein unabhängiges Scope Management als Teil der Sorgfaltspflicht in ICT-Projekten verstehen, genauso wie sie wissen müssen, wozu ein Architekt bei Bauprojekten gebraucht wird. Dazu braucht es in der Schweiz akkreditierte und anerkannte Zertifikate. Diese sind für die Zukunft der Schweizer Wirtschaft und ihrer ICT-Projekte von entscheidender Wichtigkeit.


Dr. Thomas Fehlmann, Swiss Software Metrics Association, Fachgruppe swissICT; Dr. Simon Moser, The SEE Group, Fachgruppe S-I Schweizerische Informatik Gesellschaft


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