Start-up Event Token: Modulares Ökosystem für Eventveranstalter
Quelle: Event Token

Start-up Event Token: Modulares Ökosystem für Eventveranstalter

Das mobile Portemonnaie für Parties, Openairs, Festivals, Konzerte und alles andere – so lautet das Versprechen des Start-ups Event Token. Als Basis kommt dabei die Blockchain zum Einsatz, wodurch das Start-up vor allem für Vertrauen sorgen will.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2020/01

     

Cut out the middleman. So kurz und einfach bringt Nicolas Purpura, Gründer und Geschäftsführer von Event Token seine Geschäftsidee auf den Punkt. Die Mittelsmännern sind hier mitunter die Ticketing-Anbieter im Event-Bereich. Mit Event Token will Purpura die Kontrolle den Veranstaltern zurückgeben: Vom Bezahlsystem über das Ticketing bis hin zur On-site-Kommunikation und dem Community Engagement. Möglich werden soll das über eine auf Blockchain-basierende Whitelabel Mobile App, die als direkte Kommunikationsschnittstelle zwischen Veranstalter, Mitarbeiter, Subunternehmer, Sponsoren und natürlich den Besuchern dient, so der junge Gründer, der gleichzeitig noch mit einem Master in Informatik an der Universität Zürich beschäftigt ist. «Die Kernidee ist es, dieses Tool für alle Veranstalter zugänglich machen zu können», erklärt er. «Deshalb kostet die Integration bei uns effektiv null Franken.» Das setze einzig voraus, dass die Veranstalter respektive dessen Mitarbeiter bereits über Mobilgeräte verfügen. Ist das nicht der Fall, bietet Event Token ganz einfach einen Leihservice an. Als Zielgruppe werden dabei ganz klar die Veranstalter selbst ins Visier genommen. «Wir verfolgen da einen Top-Down-Ansatz», so Purpura.

Die zündende Idee

Entstanden ist die Idee aus einer früheren Tätigkeit von Purpura beim Unternehmen Verticom, wo er dabei half, Blockchain-Schulungen anzubieten. «Da hatte ich viele Berührungspunkte mit der Technologie und lernte ihre Vorteile, aber auch ihre Macken kennen», so der Gründer und ergänzt: «Die Nähe zur Event-Branche war durch meinen Partner Stefan Grosser gegeben, der ebenfalls bereits bei Verticom dabei war. Er brachte das Know-How und das Netzwerk der Eventbranche ein.»

Und dann plötzlich, im Frühsommer 2018, kam Purpura die Idee zu Event Token, was ihn, so Purpura, «tagelang kaum ansprechbar» machte. Das gesamte Konzept wurde dann in wenigen Tagen geschrieben und galt lange als roter Faden des Projekts. Schliesslich wurde die Idee durch einen Innosuisse Workshop respektive Wettbewerb in Fahrt gebracht, an dem Purpura im September 2018 teilnahm und die Jury von Event Token überzeugen konnte. «Von rund 130 Teilnehmern zählten wir zu den 5 Gewinnern, die über den Zeitraum von knapp 3 Monaten mit einem tollen Team und wöchentlichen Treffen mit Experten aus der Industrie am Projekt arbeiten durften», erinnert sich der Gründer.


Nach Abschluss des Workshops war das erforderliche Skillset vorhanden und ein solides Geschäftsmodell inklusive Businessplan lagen bereit zur Umsetzung. So richtig gezündet wurde das Projekt dann aber mit der Gründung im März 2019, die auch den Start der Entwicklung markierte. «Während laufenden Tests und kleineren Testveranstaltungen haben wir die Version 1.0 der Plattform dann schliesslich Ende September fertiggestellt», erinnert sich Purpura. «Die grösste Hürde war tatsächlich, unseren Performanceansprüchen bei der Transaktionsgeschwindigkeit gerecht zu werden und doch alles noch sicher über die Blockchain zu speichern.» Nun befände man sich mindestens auf Augenhöhe mit kontaktlosen Kartenzahlungen, was die Geschwindigkeit angeht. Dazu kämen die weiteren Vorteile der Plattform. Und inzwischen kann Event Token auch bereits einige erfolgreiche Events vorzeigen, darunter etwa das Herofest der Bernexpo. «Natürlich konnten wir daraus auch sehr viel lernen und sind bemüht, unsere Plattform stets zu verbessern», resümiert Purpura.

Agilität und flache Hierarchien

Der Name des Start-ups rührt derweil vom klassischen Token- respektive Jeton-Gedanken her: «Also dem einer grundsätzlichen Abstraktion in Form einer parallelen, digitalen Währung mit einem proprietären Einsatzgebiet», so Purpura. Der Zusatz «Event» dient ganz einfach der Spezifikation des initialen Marktes, so der Gründer weiter, nämlich der der Event-Industrie.

Heute besteht das Jungunternehmen aus insgesamt sieben Personen. Hierzu gehört auch der Verwaltungsrat. «Wir haben das Glück, einige bekannte Gesichter der Schweizer Veranstaltungsbranche bei uns dabei zu haben, allen voran Hans-Jürg «Schoscho» Rufener in der Rolle des Vize-Präsidenten des VRs oder auch Hans-Peter Baumgartner in der Rolle des strategischen Beraters, der grosse Erfahrungen im Management mitbringt», führt Purpura aus. Ansonsten könne man sich Event Token wie ein typisches Start-up vorstellen. Das bedeutet, man ist sehr agil und es besteht eine flache Hierarchie in den Räumlichkeiten an der Rütistrasse in Schlieren. Genau so will es Purpura auch, für den immer schon klar war, dass er dereinst Teil der Start-up-Szene sein will. Trotzdem ist er dankbar für die Unterstützung erfahrener Unternehmer. «Stefan Grosser übernimmt da vor allem die Rolle meines Mentors», verrät Purpura. Wichtige Dinge werden aber jeweils im Kollektiv besprochen, wobei Purpura am meisten im operativen Geschäft involviert ist. «Es ist für uns gerade jetzt sehr wichtig, so schnell wie möglich auf Veränderungen von Kundenwünschen oder des Marktes reagieren zu können», erklärt Purpura weiter. 2020 werde deshalb ein sehr wichtiges Jahr für das Unternehmen, da man der Veranstaltungslandschaft einerseits zeigen müsse, dass man Event Token vertrauen könne, und andererseits die Vorteile wie die Nutzung ganz neuer Potentiale und Value-adds näherbringen müsse.

Eventwidget für User und Organisatoren

Das Produkt an sich kann man sich in zwei Stufen vorstellen, erklärt Purpura: «Die erste Stufe ist der Zugang zu Event Token selbst. Hier registriert sich der User und hat somit Zugang zu allen Veranstaltungen und Funktionen, die über uns gehostet werden. Der User sucht sich anschliessend die Veranstaltung aus und lädt das sogenannte ‹Eventwidget› herunter, was sämtliche Funktionalität, das heisst die Whitelable-Lösung des Veranstalters, enthält.»

Die zweite Stufe bildet schliesslich das soeben erwähnte Eventwidget selber, denn dabei handelt es sich um ein Gerüst, dass vom Veranstalter selbst in seinem Dashboard konfiguriert werden kann. «Dazu haben wir verschiedene Module, die nach dem Baukastenprinzip zusammengestellt werden können, um so den Ansprüchen der Veranstaltungen optimal gerecht werden zu können», erklärt Purpura. Das beinhaltet beispielsweise eine Cash­less-Funktion, das Ticketing, Kommunikations-Features, Access Control, Sponsor Leadgeneration, Gamification und mehr.


Somit kann jedes Eventwidget individuell gestaltet werden. «Der modulare Aufbau ist überdies auch hilfreich, was die Erweiterung der Plattform angeht», meint Purpura weiter. «So können wir stets in Zusammenarbeit mit den Kunden neue Features planen und definieren. Wir sind da sehr offen und finden es immer spannend, was für Ideen bei solchen Meetings entstehen.» Daneben existiert aber auch eine interne Roadmap. Über diese möchte Purpura allerdings noch nicht zu viel verraten. Etwas jedoch schon: «Unmittelbar bevor steht unser In-App Shop Feature, das sich hauptsächlich an Messebetreiber, Festivals und Openairs richten wird.»

Blockchain bringt Vertrauen

Event Token setzt bei der Umsetzung auf die Blockchain. «Die Vorteile der Technologie sind unbestritten, was Finanztransaktionen, Besitzanspruch und Urheberrecht angeht», erklärt Nicolas Purpura. «Die Implikation ist daher schlicht das gesteigerte Vertrauen, das gerade in der Veranstaltungsbranche ein Problem darstellt. Somit müssen Veranstalter, respektive angeschlossene Subunternehmer, und Besucher einander nicht mehr Vertrauen, sie müssen im Extremfall nicht einmal mehr Event Token vertrauen, sondern können das in Zukunft mit dem entsprechenden Zugang selbst verifizieren.»


Abgesehen davon sind die durch Event Token für Veranstaltungen jeweils ausgegebenen Kryptowährungen auch nicht verwandt mit Bitcoin, Ethereum und anderenen Coins. «Unsere Tokens haben keinen spekulativen Wert, da sie gar nicht öffentlich gehandelt werden können und nur für spezifische Zwecke, sprich Events, eingesetzt werden», erklärt Gründer Purpura. Natürlich werden die Tokens aber mit einem bestimmten Wert gleichgesetzt. «Jeder unserer ausgegebenen Tokens ist stets an die respektive Landeswährung gebunden», erklärt Purpura. «Eine Veranstaltung in Zürich (beispielsweise mit dem Token ZRH) wird dann folgenden Wechselkurs haben: 1 ZRH entspricht 1 Franken. «Kurzum: Wir verwenden und behandeln die Blockchain als Datenstruktur, und zwar so wie sie in unseren Augen eingesetzt werden sollte, nämlich zum Schüren des Vertrauens bei Finanztransaktionen zwischen (potentiell unbekannten) Akteuren in einem System», fasst Purpura das System
zusammen.

Onboarding und Zusatznutzen

Doch wie wird ein Eventveranstalter zum Event-Token-Organizer? Online ist das zurzeit noch nicht möglich. «Aktuell haben wir noch kein online Onboarding aufgeschaltet, da sind wir allerdings dran und es steht dick auf der Roadmap», versichert Purpura. Das sei aber auch noch absichtlich so, denn der Prozess soll noch manuell ablaufen. Nach Abschluss eines Lizenzvertrages erhält der Veranstalter Zugangsdaten und kann sich komplett autonom auf einer Web-Oberfläche anmelden, die Events koordinieren und die Eventwidgets konfigurieren.


Der Veranstalter erhält somit Zugang zur Plattform und kann beginnen, seine Veranstaltungen zu orchestrieren. «Mit nur wenigen Klicks ist alles konfiguriert, von Point of Sales (wie Bars, Merchandise, Restaurant, etc.) und Bezahlsystem (Support von allen gängigen Bezahlmethoden), Staffmanagement und Volunteerhandling, Ticketing, Access Control und Kommunikationsfeatures», erklärt Purpura weiter.
Dadurch lasse sich der Aufwand für Veranstalter deutlich reduzieren meint der Geschäftsführer: «Mit nur einer Plattform (anstelle durchschnittlich vier bis sieben Tools) hat der Veranstalter die komplette Kontrolle und erhält Echtzeit-Insights in die Eventperformance.» Zudem soll es in Zukunft möglich sein, direkt über die Plattform selber Marketing zu betreiben. Am Ende jedes Veranstaltungstages ist es dann auch so, dass der gesamte umgesetzte Betrag automatisch auf das verknüpfte Konto des Veranstalters gesendet wird: «Er hat somit auf einen Schlag gleich den gesamten Veranstaltungsumsatz und kann bei jedem Franken genau nachvollziehen wo dieser umgesetzt wurde.»

Mehr Länder und Branchen

2020 ist für Event Token wie erwähnt ein sehr wichtiges Jahr. Mit den grössten Events bisher (Sonic und Herofest) habe das Unternehmen 2019 beweisen können, dass man sowohl unter hohem Traffic (Sonic) wie auch konstant hoher Belastung und vielen parallelen Usern (Herofest) performen kann. Dementsprechend wolle das Start-up 2020 viel auf Akquise setzen und neue Partner gewinnen.

2021 soll, verläuft alles nach Plan, geprägt von Expansion sein. «Durch unsere Lösung sind wir nicht an die Landesgrenzen gebunden», meint der Start-up-Gründer Purpura dazu. «Auch jetzt würden wir bereits den Euro Raum, die USA und Grossbritannien technisch unterstützen. Die Schweiz ist dadurch aber überhaupt nicht weniger interessant für uns, da wir auch hierzulande eine starke Messebranche und einen sehr ausgeprägten Festivalsommer haben und gerade auch die eher kleineren, vereinsorientierteren Veranstaltungen sich aktuell grossem Wachstum erfreuen.»
Weiter würde das Unternehmen 2021 auch gerne die ersten Schritte in die Tourismusbranche (beispielsweise Skigebiete) machen und die Freizeitökonomie breiter abdecken (beispielsweise Freizeitparks). Bis 2025 soll die Lösung dann auch über die Event- und Tourismusbranche hinaus wachsen und zu finden sein. Während Event Token bislang alleine durch Privatinvestoren finanziert wurde, wird man sich künftig, in Folge des Wachstums, aber auch auf die Suche nach Investoren machen. (swe)


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