Netzwerk-Analyse für die Hosentasche
Quelle: Pocket Hardware

Pockethernet

Netzwerk-Analyse für die Hosentasche

Ein tragbares Ethernet-Kabel- und Netzwerkanalyse-Tool für unter 200 Franken: Damit ist Pockethernet auch für Teilzeit- und Hobby-­Netzwerkadministratoren interessant.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2018/07

     

Das Schweizer Armeemesser für IT-Admins. So bezeichnet das Berliner Start-up Poket Hardware das Netzwerkanalyse-Tool Pockethernet. Dabei handelt es sich um ein mit dem Smartphone verbundenes Device, das locker in die Hosentasche passt, aber trotzdem eine Vielzahl von Funktionen bietet, die Netzwerk-Admin-Herzen höher schlagen lassen, etwa Link- und IP-Analysen oder das Testen von Ethernet-Kabeln (inkl. Wiremapping, TDR-Fehlererkennung, PoE-Test und mehr). Dazu kommt ein Preis von rund 200 Franken, der die Konkurrenz teils deutlich unterbietet. Doch was taugt das Gerät im Alltag?


Begleit-App für iOS & Android

Beginnen wir von vorne. Entstanden ist Pockethernet (richtig gelesen, auch wenn der Produktname etwas schwierig auszusprechen ist) im Rahmen einer 2014 lancierten Indiegogo-Kampagne, bei der statt der erhofften 50’000 Dollar sage und schreibe 185’000 Dollar gesammelt wurden, woraufhin die Produktion in Ungarn gestartet wurde. Mittlerweile können die Geräte regulär übers Internet gekauft werden.
Pockethernet funktioniert am besten mit der kostenlosen Smartphone-App, bietet aber auch ohne App einige Funktionen. Kommuniziert wird via Blue­tooth Low Energy (BLE), die Test­ergebnisse werden in Echtzeit auf dem Smartphone angezeigt. Darüber hinaus können die Ergebnisse im PDF-Format zur Verteilung oder Protokollierung exportiert werden. Die Pockethernet-App ist sowohl für Android als auch für iOS verfügbar. Die Oberfläche ist in drei Registerkarten unterteilt: Test, Report und Tools. Eine vierte Taste hilft dabei, sich mit dem Gerät zu verbinden, was aber in der Regel über das Einstellungsmenü des Smartphones erfolgt.

Im Reiter Test sind, wie der Name schon sagt, alles Testszenarien gebündelt. Dabei hilft bei Unklarheiten eine Online-Hilfe weiter, wenn man länger auf einen Messbereich drückt. Dadurch öffnet sich ein Fenster, welches die Funktion genauer erklärt. Drückt man nur kurz auf einen Messbereich, öffnet sich hingegen die detaillierte Darstellung der Ergebnisse.


Unter dem Reiter Report können bereits durchgeführte Messungen als PDF-Files gespeichert, exportiert oder auch per Mail verschickt werden. Hier besteht ausserdem die Möglichkeit, den Ergebnisbericht mit Bildern und Kommentaren zu ergänzen.

Der Tools-Reiter dient derweil dazu, Einstellungen anzupassen sowie Geräteinformationen anzuzeigen. Ein weiteres nützliches Feature: Das Einspeisen eines Tonsignals in ein Kabel und die Wiederabnahme mittels Sonde ermöglicht es, Kabel auch im ungepatchten Zustand zu identifizieren.

Bluetooth und die Begleit-App machen die Benutzung des Gerätes sehr intuitiv und einfach, so kann man sich, um Messergebnisse anzusehen, auch mal an einen etwas gemütlicheren Ort zurückziehen, statt irgendwo hinter einem Regal am Boden knien zu müssen.

Lieferumfang & Design

Das Pockethernet-Gehäuse ist etwa 9 Zentimeter lang, 6,5 Zentimeter breit und 2,5 Zentimeter hoch und damit extrem handlich. So passt das Gerät locker in die Hosentasche. Die mitgelieferte Tasche eignet sich allerdings bestens für den Transport, finden darin doch auch Kabel und Adapter Platz. Im Lieferumfang sind zudem ein Remote-Terminator für Wiremap- und BER-Tests (Bit Error Rate), ein 50 Zentimeter langes Ethernet-Jumper-Kabel, ein USB-Ladekabel sowie ein kurzer User Guide enthalten.


Das blaue Metallgehäuse mit durchsichtigen Kunststoffpaneelen auf der Vorder- und Rückseite ermöglich die Sicht auf alle internen Komponenten, ein nettes und willkommenes Detail. Die Vorderseite des Gerätes verfügt über einen RJ45-Ethernet-Anschluss und mehrere LEDs, während sich auf der Rückseite des Gerätes ein Ein-/Ausschalter und ein Micro-USB-Ladeanschluss für die Stromzufuhr befinden. Die erste LED auf der linken Seite der Front zeigt den Strom- und Ladezustand an, während die anderen vier LEDs für eine schnelle Messung jedes der vier Kabel-Paare eines Ethernet-Kabels ohne Verwendung der App genutzt werden können.

Benutzung & Testfunktionen

Einer der wohl üblichsten Test, bei dem Pockethernet zum Zug kommt, ist die Überprüfung, ob ein Port aktiv ist oder nicht, sprich ein Ethernet Signal vorhanden ist. Zusätzlich kann auch gemessen werden, ob beim entsprechenden Port Energie via Power over Ethernet (PoE) übertragen wird, ob Management-Fragen vom Switch beantwortet werden (CDP, LLDP), ein DHCP-Server Adressen verteilt, interne Hosts erreichbar sind oder ein Router eine Internetverbindung bereitstellt. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Gerät derzeit kein IPv6 versteht, was in der heutigen Zeit doch ein wichtiges Feature wäre, welches einige Nutzer vermissen werden.

Zusätzlich zu den App-gesteuerten Tests bietet Pockethernet, wie bereits erwähnt, auch einen schnellen Standalone-­Modus, in dem es etwa möglich ist, ein Kabel mittels Wiremap rasch zu testen, ohne das Telefon verwenden zu müssen. Die Ergebnisse werden mit den vier LEDs an der Front angezeigt, die Farbe zeigt dabei das Ergebnis an.


Leider ist es nicht immer ganz einfach zu erkennen, welche Farbe denn angezeigt wird. Die LEDs sind ziemlich hell und die Unterschiede zwischen Rot, Grün, Gelb, Magenta, Blau und Weiss können gerne mal verschwimmen. Die Farbcodierung funktioniert aber insgesamt recht gut und zeigt die Ergebnisse sequentiell an. Rot bedeutet etwa, dass eine Spannung von mehr als 10 Volt am Paar vorhanden ist, Grün, dass ein Paarabschluss innerhalb der Toleranz liegt oder mit einem anderen Ethernet-Port verbunden ist, Gelb ob ein Paar offen oder unverbunden ist. Das Gerät kann zudem auch als Taschenlampe verwendet werden. Zweimaliges Tippen auf den Netzschalter lässt die LEDs alle gleichzeitig aufleuchten.
Kabel lassen sich sowohl im offenen als auch im geschlossenen Zustand testen, wozu der beiliegende Adapter zum Zug kommt. So lassen sich etwa die Kabellänge messen (TDR-Test), Kurzschlüsse aufspüren oder Unterbrechungen feststellen, inklusive Angabe der Entfernung. Tests lassen sich zudem entweder einzeln oder als Batch ausführen.

Pockethernet unterstützt des Weiteren auch das Link Layer Discovery Protocol (LLDP) und das Cisco Discovery Protocol (CDP). Beide dienen dem Auffinden von Informationen über angeschlossene Geräte, wie zum Beispiel die IP- und MAC-Adresse, Marke und Modell eines Switches.


Der BER-Test ermöglicht den Stresstest eines Ethernet-­Kabels, wozu das Pockethernet-Gerät Pakete über das Kabel sendet und die Daten misst, wenn sie zurückkommen. Um den Test durchzuführen, muss das Ethernet-Kabel vom Pockethernet an den Loopback-Port des mitgelieferten Terminators angeschlossen werden. Der Test kann so eingestellt werden, dass Daten mit 10, 100 oder 1000 Mbit/s, 64 oder 1518 Byte-­Pakete mit einer zufälligen oder festen Muster-Nutzlast und 100K, 1M oder 10M gesendet werden. Die App zeigt daraufhin die Anzahl der gemessenen Fehler an.

Minimale Hilfestellung

Für den weniger erfahrenen Netzwerktester hält die App zwar wie schon erwähnt zusätzliche Informationen bereit, die für jeden Test deutlich machen, wofür er gedacht ist. Die so erhaltenen Informationen sind jedoch teilweise nicht sehr ausführlich. So bleibt Pockethernet trotz der zusätzlichen Informationen in der Anwendung in erster Linie ein Werkzeug für Profis. Der Tester ist praktisch, wenn man weiss, was genau und wie etwas getestet werden soll und erfahrene Sysadmins können sofort mit der Arbeit loslegen. Für weniger erfahrene Nutzer wäre eine etwas umfangreichere Dokumentation aber wünschenswert, auch weil sich das Gerät preislich im Hobbyisten- und Prosumer-Umfeld positioniert.


Doch letzten Endes liefert das Gerät, was es verspricht, und bietet ein wahres Sammelsurium an Funktionen und Features. Die mangelhafte Dokumentation und die fehlende IPv6-Unterstützung sind schade, unter dem Strich fällt dies aber, gerade angesichts des Preises, nicht allzu schwer ins Gewicht. (swe)


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