Sutters Bits & Bytes: Vivere l’Italianità
Quelle: zVg

Sutters Bits & Bytes: Vivere l’Italianità


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2013/10

     

Unsere Kolumne wird aus aktuellem Anlass umbenannt von Sutters Bits & Bytes in Sutters Bits & Bikes. Wir berichten nämlich über eine herbstliche Velotour vom Vinschgau im Südtirol über das Trentino und das Veneto bis nach Padua. Endlose Radwege zwischen Apfelplantagen und Weinbergen machten unseren Ausflug vom Ausgangspunkt bis ins Ziel zu einer Traumfahrt. In unserem kurzen Reisebericht befassen wir uns allerdings weniger mit den landschaftlichen Schönheiten, sondern vielmehr mit einigen besonderen Charakteristiken des velofahrenden Italiens. Unsere Beobach-
tungen erheben zudem nicht den Anspruch einer wissenschaftlichen Studie, obwohl sie einer solchen sehr nahe kommen.
Leicht und locker radelt es sich dahin. Ebenso heiter begegnen uns die italienischen Velofahrer. Sind sie in Gruppen, ist es ein richtiges Palaver, am liebsten reden wohl alle gleichzeitig. In Gruppen fährt man natürlich gerne nebeneinander (es redet sich ja auch viel besser), doch wird für Entgegenkommende sehr rücksichtsvoll Platz gemacht. Sind Italiener alleine unterwegs, wird telefoniert, was das Zeug hält. Oder man schreibt fahrenderweise ein SMS oder eine E-Mail. Hin und wieder eine Hürde für die Radfahrer sind die Sperren, die überbesorgte Behörden hinstellten, um die Velofahrer vor sich selbst zu schützen. Allseits einsichtige Radwege werden mit einer Schikane versehen, die den Velofahrer zwingen, abzubremsen oder gar abzusteigen. Wie Figura zeigt, wird die Schikane elegant umfahren, auch von uns.

Eine Velobeleuchtungsvorschrift scheint in Italien nicht zu existieren. Jedenfalls haben die meisten Räder überhaupt keine Lampen. Erstaunlicherweise gibt es trotzdem nach wie vor viele Italiener. Wir beobachteten jedenfalls keinerlei Unfälle, obwohl wir nachts stundenlang durch die Städte flanierten. Der Italiener fährt oder geht quasi eigenverantwortlich durch die Gegend und lässt sich nicht überfahren. Auch brauchen italienische Biciclette seit eh und je keine Veloschilder, im Gegensatz zum Schweizer Velo, das sich seit 1291 und bis vor kurzem ohne einsichtige Gründe ohne Velonummer nicht von der Stelle bewegen lassen durfte.
Für den in der Schweiz so fürsorglich betreuten (sprich regulierten) Velofahrer aber besonders erstaunlich ist, dass es in Italien offenbar keinen Fussgänger stört, wenn Velofahrer zu ihrem eigenen Schutz auf dem Trottoir fahren. Selbst auf touristisch hochfrequentierten Plätzen und selbst in Fussgängerzonen, wie beispielsweise vor der Arena in Verona, radelt und spaziert alles durcheinander.
Die Radfahrer vorsichtig und umsichtig und langsam; die Fussgänger machen Platz und sind unbeeindruckt. Sie haben keine Zeit, sich über solche Lappalien aufzuregen, weil sie in anregende Gespräche vertieft sind. Nur am Rande: In unserer Schweizer Wohngemeinde wurden kürzlich Schüler verwarnt, weil sie zu ihrer eigenen Sicherheit mit den Velos auf unbenutzten Trottoirs fuhren, um sich nicht dem Verkehr auf der für 80 km/h Höchstgeschwindigkeit zugelassenen Landstrasse auszusetzen.
Fazit unserer Velotour aus regulierungs-ethnologischer Sicht: Der Italiener per se ist kommunikativ, tolerant und lebenslustig, lässt den gesunden Menschenverstand walten und schützt sich grundsätzlich selbst vor sich selbst. Irgendwie lag es nicht nur am schönen Wetter und der Prachtlandschaft, dass es uns auf unserer Velotour sehr wohl war.


Fritz Sutter ist Vorstandsmitglied des Schweizerischen Telekommunikationsverbandes Asut. In seiner regelmässigen Kolumne im «Swiss IT Magazine» äussert er seine persönliche Meinung.



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