Das Comeback des Jahres

Research in Motion ist zurück – mit neuem Namen, neuem Betriebssystem und neuen Geräten. Den Auftakt macht das vielversprechende Touch-Smartphone Blackberry Z10.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2013/04

     

Der 31. Januar 2013 war für viele Unternehmen und Blackberry-Fans ein grosser Tag. Nach Monaten der Entwicklungszeit und Ungewissheit hat der kanadische Smartphone-Hersteller Research in Motion, der sich neu nur noch Blackberry nennt, gleich zwei neue Geräte angekündigt: Das Z10 und das Q10, beide mit dem neuen Betriebssystem Blackberry 10. Sie sollen das kriselnde Unternehmen wieder in die richtige Spur bringen. Stellt sich nur die Frage, welches Sprichwort besser passt: «Was lange währt, wird endlich gut» oder «Den letzten beissen die Hunde»? «Swiss IT Magazine» hatte Gelegenheit, das Modell ohne Blackberry-typische Tastatur, das Z10, zu testen.

Das Smartphone, das seit Anfang März in der schwarzen Variante bei Swisscom für 819 Franken (ohne Abo) in den Verkaufsregalen und im Online-Shop steht, sieht mit seinen abgerundeten Ecken vom Design her auf den ersten Blick fast wie ein neues, überarbeitetes iPhone 5 aus. Es ist mit seinem 4,2-Zoll-Touchdisplay etwas länger und vor allem breiter und auch ein wenig dicker und schwerer als das aktuelle Apple-Modell. Der wahrscheinlich grösste Unterschied ist jedoch – natürlich neben dem grossen Blackberry-Schriftzug auf dem Display – der Home Button, den es bei Blackberry nicht gibt. Die Bedienung des Z10 erfolgt komplett über das Touchdisplay, aber dazu später mehr.

Abnehmbares Cover und austauschbarer Akku


Was einem beim Auspacken des neuen Blackberrys sofort auffällt, ist seine Rückseite. Sie ist vergleichbar mit der des Google-Tablets Nexus 7 und fühlt sich wie aufgummiert, also weich und warm, an. Das Gerät liegt so sehr angenehm in der Hand. Ausserdem lässt sich die spezielle Abeckung einfach und schnell abnehmen, um den darunter versteckten Akku auszutauschen. Zudem findet man unter dem Cover, das übrigens wunderbar sitzt und wo nichts klappert, einen Slot für SD-Karten sowie einen für SIM-Karten. Nichts zu sehen ist derweil vom Dual-Core-Prozessor oder den LTE-, WLAN-, Bluetooth-, NFC- oder GPS-Chips, die alle auch im Z10 stecken.

Äusserlich dürften einem ziemlich rasch auch der Micro-USB- sowie der Micro-HDMI-Port auffallen, die wegen des Mechanismus der abnehmbaren Rückseitenabdeckung nicht unten, sondern auf der linken Seite des Geräts angebracht worden sind. Weiter gibt es noch zwei Kameras, eine vorne und eine hinten, einen zweiteiligen Lautstärkeregler auf der rechten Seite sowie einen Knopf zum Ein- und Ausschalten und einen Kopfhöreranschluss oben. Und nicht zu vergessen ist natürlich die LED auf der Vorderseite, die den Nutzer, wie von älteren Blackberrys her bekannt, durch ein Blinken informiert, wenn neue Nachrichten oder E-Mails auf ihn warten oder der Akku beinahe leer ist.
Soweit zu den Äusserlichkeiten und Innereien des Z10, die bestimmt einen grossen Einfluss darauf haben, ob das Gerät zu einem Erfolg wird oder nicht. Unser Zwischenfazit an dieser Stelle ist eindeutig: Das neue Blackberry bietet bezüglich Hardware und Ausstattung alles, was es braucht. Insbesondere der austauschbare Akku oder der USB-Anschluss sind Dinge, die Unternehmen, die mangels Alternativen mittlerweile auf das iPhone umgestiegen sind, schmerzlich vermissen und die ihnen das neue Blackberry bietet. Und auch punkto Verarbeitung, Display und Design muss sich das Gerät vor der Konkurrenz überhaupt nicht verstecken, im Gegenteil.

Ein komplett neues Betriebssystem


Das einzige, was ein langjähriger Blackberry-Nutzer bezüglich Hardware vermissen könnte, ist eine physische Tastatur – die gibt es nur mit dem Q10. Die virtuelle Tastatur ist zwar innovativ und kann einiges, sie ist lernfähig und schlägt Wörter vor, doch im Vergleich mit «richtigen» Hardware-Tasten ist das virtuelle Tippen trotzdem nicht so richtig toll. Und damit wären wir bereits mitten im nächsten Thema, dem neuen Betriebssystem Blackberry OS 10, das wenig bis gar nichts mehr mit allen bisherigen OS zu tun hat. Und das ist die Hauptherausforderung für jeden, der sich ein Z10 kauft oder von seinem Unternehmen eines zur Verfügung gestellt bekommt.
Sowohl Besitzer eines älteren Blackberrys als auch eines Konkurrenzgerätes brauchen erst einmal ein paar Minuten oder Stunden, bis sie sich mit dem neuen System anfreunden und damit zurechtfinden. Die Bedienung ist zwar nicht grundlegend anders als bei Android, iOS oder Windows Phone, aber es gibt ein paar neue, spezielle Gesten und Kniffe, die man kennen und sich antrainieren muss. Sie werden einem zwar beim erstmaligen Einschalten und Einrichten des Geräts anschaulich erklärt und man kann sie in einem kurzen Tutorial gleich selber üben, aber spätestens am nächsten Tag hat man die Hälfte davon wieder vergessen und versucht, wie in unserem Fall, auch nach drei Wochen immer wieder, Apps zuerst wie mit Windows 8 durch ein Herunterfahren mit dem Finger von oben nach unten zu beenden, als den umgekehrten Weg zu gehen. Es ist, wie erwähnt, wirklich ein antrainieren. Im untenstehenden Kasten finden sich als kleine Hilfestellung zehn interessante Tipps und Tricks, die den Einstieg in die Blackberry-10-Welt vereinfachen.
Ebenfalls etwas gewöhnungsbedürftig ist das Einstellungsmenu. Aber das ist nichts Besonderes, hier geht jeder Hersteller seinen eigenen, für Neulinge meist undurchsichtigen Weg. Dafür bietet Blackberry 10 eine ganze Menge Einstellungsmöglichkeiten und Funktionen, die es bei der Konkurrenz so nicht gibt, insbesondere was die Sicherheit und den Datenschutz angeht. In diesen Bereichen waren die Kanadier schon immer stark und setzen auch mit der neuesten Version ihres Betriebssystems Massstäbe. Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang sicher die Balance-Technologie, die es zusammen mit einem Blackberry Enterprise Server (BES) ermöglicht, das Smartphone auf relativ einfache Art und Weise sowohl für berufliche als auch private Zwecke zu nutzen und die Daten zu trennen. Wir konnten dieses neue Feature aufgrund eines fehlenden BES leider nicht testen, es soll bei ersten Kunden allerdings sehr gut funktionieren und ankommen.

Erstes Update wirkt Wunder


Sobald man sich an die neue Bedienweise des Blackberry OS 10 und Z10 gewöhnt hat, ist man richtig schnell unterwegs. Die Navigation ist sehr flüssig und intuitiv. Das Einzige, was in unserem Test zu Beginn wirklich nervte, waren extrem lange Ladezeiten für Drittapplikation. Dieses Problem hat Blackberry aber bereits ein paar Tage nach dem Launch mit einem ersten Update beseitigt. Die Ladezeiten von Apps wie Twitter oder Facebook sind seitdem deutlich kürzer und bewegen sich im Rahmen dessen, was man sich auf Konkurrenzplattformen gewohnt ist. Mit der Software-Version 10.0.10.90 wurde ausserdem auch die Akkuleistung verbessert, die übrigens dem entspricht, was man von einem modernen Smartphone dieser Kategorie erwarten kann. Ein Tag intensive Nutzung liegt drin, für zwei Tage hat man zu wenig Saft.
In was Blackberry in den kommenden Wochen nun unbedingt noch investieren muss, ist die Blackberry World. Man bietet zwar eine Android Runtime, das Angebot an Apps ist momentan aber trotzdem noch sehr überschaubar. Zwar finden sich mit Local.ch oder Search.ch bereits ein paar nützliche Schweizer Apps, den SBB-Fahrplan oder die App der Swiss sucht man dagegen beispielsweise vergeblich, ebenso wie eine vernünftige Karten-App. Dafür gibt es von Haus aus den Acrobat Reader und die Applikation Docs To Go, um Word-, Excel- oder Powerpoint-Dateien anzuzeigen oder zu bearbeiten.
Alles in allem ist das neue Betriebssystem Blackberry 10 erfrischend neu und erfrischend anders. Zusammen mit dem Z10 und dem bald erscheinenden Q10 sowie dem neuen Blackberry Enterprise Service 10 hat der Hersteller ein starkes, neues Paket geschnürt. Und um die eingangs gestellte Frage zu beantworten: Was lange währt, ist aus unserer Sicht endlich gut geworden.

10 Tipps und Tricks für das Blackberry Z10

1. Grundlegende Navigation
Das Blackberry OS 10 kann in zwei Hauptkomponenten unterteilt werden: Den Blackberry Hub, in dem alle Nachrichten gesammelt werden, und den Startscreen mit allen Apps. Um hin und her zu wechseln, wischt man von links nach rechts oder umgekehrt. Von einer geöffneten App zur anderen oder in den Hub gelangt man, in dem man von ganz unten am Display nach oben fährt und die Anwendung so minimiert. Das Ergebnis ist ein Screen mit einer Auswahl aller laufenden Apps (siehe Screenshot, Mitte) und durch einen Wisch nach rechts gelangt man in den Hub. Geschlossen wird eine App, sobald sie minimiert ist, mit einem Druck auf das «X»-Symbol unten rechts.

2. Screenshots erstellen
Mit dem Z10 einen Screenshot zu erstellen, ist kinderleicht, man muss nur wissen wie: Ganz einfach gleichzeitig die beiden Lautstärkeregler auf der rechten Seite drücken und das ist es. Gespeichert werden die Screenshots im Ordner mit den von der Kamera geschossenen Fotos.

3. Akkuanzeige in Prozent
Die Akkuanzeige in der oberen linken Ecke liefert leider keine Prozentzahlen zum Ladestand. Das lässt sich auch nicht ändern. Aber: Im Einstellungsmenu, das man mit einem Wisch von oben nach unten rasch öffnen kann (Screenshot links), findet man die Angabe, und zwar unter Info und der Kategorie Hardware.

4. Die Tastatur verschwinden lassen
Die virtuelle Tastatur des Z10 ist ziemlich innovativ und bietet zahlreiche interessante Features. Aber manchmal ist sie ganz einfach im Weg und versperrt einem die Sicht. Um sie in solchen Fällen verschwinden zu lassen, kann man ganz einfach mit zwei Fingern drauf tippen, nach unten fahren und weg ist sie. Oder man drückt für zwei Sekunden auf die Leertaste.


5. Wortersetzungen festlegen
Eine der interessantesten Funktionen der virtuellen Blackberry-Tastatur ist, dass man Wortersetzungen erstellen kann, um häufig genutzte und längere Informationen wie beispielsweise die eigene E-Mail-Adresse schnell in einen Text einfügen zu können (Screenshot rechts). Dazu geht man in die Systemeinstellung, wählt dort das Menu Sprache und Eingabe, Texteingabe, automatische Unterstützung und Wortersetzung und setzt dort die gewünschte Kombination.

6. Das Blinklicht ausschalten
Um die LED auf der Vorderseite auszuschalten, geht man in die Systemeinstellung und ins Menu Benachrichtigungen. Dort findet man einen Schiebregler, mit dem man die LED deaktivieren kann. Die Farben ändern kann man momentan (noch) nicht.

7. Flash Player aktivieren
Um den Flash Player von Adobe zu aktivieren oder zu deaktivieren, öffnet man den Browser, drückt auf die drei übereinander gereihten Punkte in der Menuleiste unten und wählt Einstellungen, Anzeige und Aktionen. Dort findet man den gewünschten Schiebregler.

8. Schnelles Stummschalten
Das iPhone kann man mit einem speziellen Riegel im Bruchteil einer Sekunde stumm schalten und den Vibrationsmodus aktivieren. Für das Z10 gibt es so etwas nicht. Der vermutlich einfachste Weg dafür ist, den unteren Lautstärkeregler so lange zu drücken, bis die Anzeige auf Null steht und den Knopf dann noch einmal ganz kurz zu betätigen.

9. Einen mobilen Hotspot einrichten
Mit dem Blackberry Z10 ist es wie mit vielen anderen Smartphones auch möglich, einen mobilen Hotspot zu erstellen, um den mobilen Internetempfang mit anderen Geräten zu teilen. Dazu fährt man auf dem Startscreen von oben nach unten, drückt auf Einstellungen, Netzwerkverbindungen, Mobiler Hotspot und klickt sich dort durch einige Informationen, um sich schlussendlich alles einrichten zu können.


10. Den Hub anpassen
Wem der voreingestellte Hub nicht passt und ihn nach seinen individuellen Wünschen anpassen will, der tippt im Hub auf die drei übereinander gereihten Punkte in der Menuleiste unten, dann auf Einstellungen und findet dort den Menupunkt Hub-Management und kann auch Anzeige und Aktionen festlegen. (mv)


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