Online-Kollaboration via Aktenordner

Trotz moderner Lösungen hakt es beim Thema Online-Kollaboration immer wieder. Die Basler Firma Usekit will das mit Hilfe unserer Gewohnheiten ändern.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2012/06

     

Online-Kollaboration und Wissensmanagement sind heisse Themen. Dutzende von Lösungen ringen um die Gunst der Unternehmen oder besser gesagt die Aufmerksamkeit derer Mitarbeiter. Genau hier liegt auch die Crux, denn die teuer erworbenen Systeme werden oft gar nicht oder zu wenig eingesetzt. Der Grund dafür liegt nicht selten in einer mangelhaften Benutzerfreundlichkeit. Genau hier setzt die Firma Usekit aus Basel mit ihrer Lösung Probindr an. «Wir haben uns gefragt, warum die Systeme nicht eingesetzt werden», so Sven Rizzotti, Mitgründer und CEO von Usekit. Die Antwort: Sie weichen zu weit von den Gewohnheiten der Offline-Welt ab. An vielen Orten werden Dokumente nach wie vor in Ordnern und Regalen abgelegt. Bei Usekit beschloss man, dieses Vorgehen einfach zu digitalisieren. Auf einer virtuellen Plattform steht ein Regal mit Ordnern. Die Ordner verfügen über Register und sind, wie gewohnt, an der Rückseite beschriftet. Darin lassen sich Dokumente und Dateien aller Art ablegen, die auch ohne Download einsehbar sind. Zeitgemäss lassen sich alle Inhalte mit beliebigen Dritten teilen. Die Zugriffsrechte können individuell auf Order- und Registerebene festgelegt werden. Ordner mit Änderungen werden durch einen roten Punkt auf dem Einband gekennzeichnet.

«Swiss Made Software»
Weitere Infos und alle Mitglieder auf einen Blick: www.swissmade-software.org
Jedes Regal fasst 36 Ordner, jeder Ordner bis zu neun Register. Die Einschränkung mag willkürlich erscheinen, soll aber dem User den Kopf frei machen für Wesentliches, meint Rizzotti: «Das sind Begrenzungen, die wir kennen und mit denen wir arbeiten können. Zu viele Einstellungsmöglichkeiten hemmen die Produktivität». Zurzeit gibt es Probindr als Standardlösung sowie für zwei gesonderte Anwendungsbereiche: Architektur und GL-Mitglieder. Beide Varianten wurden in Zusammenarbeit mit Unternehmen entwickelt. Letzteres, das Executive Reporting, versucht, den mit Sitzungen der Geschäftsleitung verbundenen Aufwand zu reduzieren. Anstatt wie bisher mit einer Zusammenfassung der letzten Sitzung in die nächste zu gehen und diese um neue Notizen anzureichern, erhält jedes Mitglied ein Tablet. So besteht immer Zugriff auf ältere Daten und die neuen Daten landen direkt im System und müssen nur kurz nachbearbeitet werden. Alle betroffenen Parteien können den Report dann direkt online einsehen. So schrumpft der administrative Aufwand um die Digitalisierung der Dokumente sowie den Versand der Mails. Bei einem Testkandidaten fielen so allein zwölf Arbeitstage im Jahr weg.

Der praktische Wert einer solchen Lösung ist aber auch beim verteilten Arbeiten mit verschiedenen externen Partner hoch – so zum Beispiel bei den Architekten. Pro Baustelle müssen etwa 30 Personen involviert werden – Elektriker, Maurer, usw. In der Praxis läuft das auf etwa 14 Ordner hinaus. Bei jeder Änderung müssen Mails verschickt werden. Nicht jeder erhält sie, dem nachzugehen produziert hohen administrativen Aufwand. Mit Probindr haben alle Beteiligten jederzeit Zugriff auf die neuesten Updates. Die Aussage «Ich habe das Mail nicht gekriegt» wird somit hinfällig. Ein Partner kann sich vor jedem Arbeitsgang leicht auf den neuesten Stand bringen.
Die Lösung kann wahlweise aus der Cloud oder Onsite bezogen werden. Letzteres wird gerade von Kunden des Executive Reporting bevorzugt, die ihre Daten lieber lokal halten. Als weitere Sicherheitsmassnahme werden die Daten direkt ab Eingabe verschlüsselt – sowohl lokal als auch in der Wolke. Für die Cloud-Variante kann ein Kunden dann zwischen einem lokalen Hoster oder Amazon wählen.

Dieses Bedürfnis nach Sicherheit war auch Anlass für den nächsten Evolutionsschritt bei Usekit. Der «Swiss Secure Data Room» wird zurzeit im Rahmen eines KTI-Projekts mit Unterstützung des Bunds entwickelt. Die Lösung zielt auf die Digitalisierung von Vertragsverhandlungen. Heute werden solche Dokumente noch per Kurier zwischen den Büros der Beteiligten Hin und Her geschickt. Das will man bei Usekit ändern. Das Ordnerprinzip kommt da genau richtig. Viele Verhandlungen, zum Beispiel im Bereich Biotech, werden nach strikten Vorgaben durchgeführt. Diese Vorgaben beziehen sich sogar auf die Struktur der zu verwendenden Ordner. Mit Probindr lässt sich dieses System leicht kopieren und digitalisieren. Der Vorteil für die Nutzer: Systematik und Optik bleiben weitgehend gleich.
Bei Usekit hat man so in nur zwei Jahren schon einige Evolutionsschritte durchgemacht. Das ursprünglich aus drei Personen bestehende Unternehmen ist mittlerweile auf sechs Mitarbeiter gewachsen und hat neben der Förderung durch die KTI noch einige weitere lokale Förderprogramme beeindrucken können. Mit Venture Challenge ging es nach Boston, bei Venture Kick gewann man zwei Mal. Erste Grosskunden finden sich in der Chemie und Elektrowirtschaft.


Kommentare
Excellente Idee, viel Glück Usekit!!!
Dienstag, 12. Juni 2012, Marie Hauser-Adee



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