«Die Investitionen in die IT steigen 2010 leicht»
Quelle: Vogel.de

«Die Investitionen in die IT steigen 2010 leicht»

Die Schweizer Airline Swiss hat den IT-Betrieb ausgelagert und konzentriert sich auf das Management der externen Partner, wie CIO Martin Zekar im Interview erklärt.
26. Januar 2010

     

Swiss IT Magazine: Wie ist die IT-Abteilung von Swiss International Air Lines aufgebaut?


Martin Zekar (Bild): Die IT ist bei uns im wesentlichen in die vier Bereiche Governance, Plan, Build und Run gegliedert. Der Governance-Bereich ist für das Security-, Risk- und Quality-Management wie auch für IT-Architektur zuständig. «Plan» kümmert sich um das IT-to-Business-Alignment. Hier befinden sich die Business-Analysten und Projektleiter, die eine optimale IT-Unterstützung für die Geschäftsprozesse sicherstellen. Jede Division der Swiss wird von einem dedizierten Team betreut.


Der Build-Bereich ist für die Software-Entwicklung zuständig, wobei nur ein kleiner Teil wie Data Warehouse, Swiss.com und einige Spezialapplikationen selber entwickelt wird. Der Run-Bereich ist für den Betrieb unserer Systeme zuständig. Den IT-Betrieb haben wir bereits 2006 vollständig an Swisscom IT Services und Reist Telecom ausgelagert. Unsere eigene Organisation konzentriert sich auf das Management der verschiedenen externen Partner. Insgesamt beschäftigen wir in der IT 80 Mitarbeiter.


Wie sieht Ihre IT-Strategie aus?


Die Swiss strebt generell eine möglichst geringe Fertigungstiefe an. Für uns in der IT heisst dies konsequentes Outsourcing. Des weiteren setzen wir auf Lösungen, die sich bereits bei anderen Fluggesellschaften bewährt haben. Nur in wenigen, strategisch wichtigen Bereichen wollen wird der Technologieführer sein. Ein solcher Bereich ist zum Beispiel das Revenue Management.


Welches sind die grössten Aufgaben und Herausforderungen, denen die IT einer weltweit tätigen Fluggesellschaft heute gegenübersteht?


Der zuverlässige Betrieb eines hochkomplexen globalen Gesamtsystems ist sicherlich eine der grössten Herausforderungen. Ein störungsfreier Betrieb ist für die IT-Abteilung jedes Unternehmens Pflicht, so auch für uns.


Wir arbeiten mit Lieferanten und Partnern aus allen Kontinenten und verschiedensten Kulturen zusammen. Das Managen dieser Diversität ist eine Herausforderung, der sich unsere Mitarbeiter tagtäglich neu stellen müssen. Diese Herausforderung macht aber auch einen grossen Teil des Reizes aus, bei einer Fluggesellschaft zu arbeiten.


Eine prägende Eigenschaft der Swiss ist die Agilität. Wir setzen Ideen und Änderungen in einer grösseren Geschwindigkeit um als die meisten anderen Fluggesellschaften. Die IT unterstützt diese Dynamik. Dementsprechend sind unsere IT-Prozesse gestaltet. Trotzdem ist es eine dauernde Herausforderung, die terminlichen Vorstellungen des Business zu erfüllen.

Welche Systeme haben Sie im Einsatz? Wie sind Netzwerk und Systeme strukturiert?


Wir haben gegenwärtig über 270 Systeme im Einsatz, die untereinander hochgradig vernetzt sind. Eine Fluggesellschaft ist grundsätzlich hoch automatisiert. Die zu unterstützenden Geschäftsprozesse sind sehr vielseitig. Die Verkaufssysteme müssen weltweit alle Verkaufskanäle unterstützen. Ein Flugticket zum Beispiel muss sowohl am Verkaufsschalter der Fluggesellschaft als auch in jedem Reisebüro und im Internet erhältlich sein. Dasselbe gilt für die Fracht mit all ihren Spezialitäten, wie beispielsweise der Transport von Tieren, Wertsachen oder Medikamenten. Die flugoperativen Systeme unterstützen das Check-in der Passagiere, die Personaleinsatzplanung, die Flugroutenplanung und -optimierung sowie die Flugzeugeinsatzplanung.


Dann gibt es noch Systeme, die die Wartungsarbeiten an den Flugzeugen dokumentieren, das Catering verwalten, Kerosin bestellen und vieles mehr. Auch die üblichen administrativen Prozesse wie Finanzbuchhaltung, Lohnbuchhaltung, Treasury, Einkauf und Legal sind IT-unterstützt. Unser ärztlicher Dienst verfügt ebenfalls über eine elektronische Dokumentation.


Welchen Anspruch haben Sie an die Verfügbarkeit Ihrer Systeme?


Wir teilen unsere Systeme in die drei Klassen H, M und L ein, wobei Klasse H die höchsten Anforderungen an die Service Level stellt. Hier beträgt die Betriebszeit 7 Tage/24 Stunden, die Verfügbarkeit liegt bei 99,9 Prozent und die maximale Ausfallzeit pro Monat liegt bei 25 Minuten. Die Anforderungen an die Klasse M sind ebenfalls relativ hoch: Auch hier liegt die Betriebszeit bei 7 Tage/24 Stunden, die Verfügbarkeit liegt bei 99,5 Prozent und die maximale Ausfallzeit pro Monat bei zwei Stunden. Die Systeme stehen in den Rechenzentren unserer Partner in Frankfurt, Bern und Zürich. Einige Systeme werden als Software as a Service vom Hersteller bezogen.


Arbeiten Sie mit Partnern zusammen?


Unsere Outsourcing-Partner sind Swisscom IT Services, HP (ehemals EDS), Lufthansa Systems und Reist Telecom.


Welches Thema beschäftigt Sie momentan am meisten?


Dem Lufthansa-Konzern, zu dem auch die Swiss gehört, haben sich 2009 mit Brussels Airlines, Austrian Airlines und Bmi drei neue Fluggesellschaften angeschlossen. Gegenwärtig wird die Zusammenarbeit zwischen allen Konzern-Fluggesellschaften neu geregelt. Dies wird sich auf den Setup der IT im Konzern und auf die IT-Systemlandschaft auswirken.

Welche aktuellen Projekte führen Sie gerade durch?


Die Verbesserungen der bestehenden Systeme sowie der Ersatz der älteren Systeme ist bei uns eine Daueraufgabe. Dementsprechend laufen bei uns unzählige Projekte. Zwei grössere, die ich hier erwähnen möchte, sind der Umzug des Rechenzentrums für Midrange-Systeme von Bern nach Frankfurt und die Erneuerung unseres Data Warehouse.


Was beschäftigt Sie als CIO sonst noch?


Der wirtschaftliche Druck und der Zerfall der durchschnittlichen Erträge zwingen uns, andauernd an der Kostenstruktur zu arbeiten. Dabei gilt es, die IT-Betriebskosten anhaltend zu senken und gleichzeitig den Produktionsfaktor IT zur Reduzierung der Geschäftsprozesskosten einzusetzen. Dies ist eine Gratwanderung, die wir in den letzten Jahren sehr erfolgreich umsetzen konnten.


Sind Cloud Computing, Software as a Service und Virtualisierung ein Thema bei Ihnen?


Wir beziehen bereits heute einige unternehmenskritische Systeme wie zum Beispiel das Reservationssystem oder das Check-in-System als Service. Beim gegenwärtigen Umzug des Midrange-Rechenzentrums nach Frankfurt werden die meisten Systeme virtualisiert.


Wie sieht das IT-Budget für 2010 aus? Ist es im Vergleich zu 2009 grösser oder kleiner?


Das IT-Budget bleibt konstant, wobei die Betriebskosten leicht sinken und die IT-Investitionen leicht steigen. Für Swiss ist die IT ein wesentlicher Produktivitätsfaktor. Deshalb sind eine fortlaufende Investition in neue Lösungen sowie der schrittweise Ersatz von Alt-Systemen eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit.


Zur Person:
Martin Zekar ist seit August 2007 bei Swiss International Air Lines tätig und leitet seit Oktober 2008 als CIO die IT der Fluggesellschaft. Der Elektroingenieur HTL arbeitete zwischen 1990 und 1994 bei Swissair, anschliessend war er bis 2007 als Berater mit Schwerpunkt Airline-Branche und IT-Governance tätig.

(abr)


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