Fastweb-Skandal: Frage des Reputationsschaden zentral

Swisscom-CEO Carsten Schloter hat sich gegenüber der "NZZ" zum Vorwurf des Mehrwertsteuerbetrugs bei Fastweb geäussert. Im Zentrum der Ermittlungen steht laut Schloter die Frage nach der Sorgfaltspflicht.
4. März 2010

     

Swisscom-Tochter Fastweb steht unter dem Verdacht des Mehrwertsteuerbetrugs (Swiss IT Magazine berichtete). Nun hat sich Swisscom-CEO Carsten Schloter (Bild) gegenüber der "NZZ" zum Vorwurf geäussert. Im Zentrum der Untersuchungen der italienischen Behörden stehen demnach Mehrwertdienst-Geschäfte, die Fastweb zwischen 2003 und 2006 betrieben hat. Diese seien Drittfirmen angeboten worden, Fastweb habe einzig das Netz zur Verfügung gestellt, so Schloter. Die Marge der Swisscom-Tochter habe lediglich vier bis fünf Prozent betragen. Die Mehrwertdienste seien auch international angeboten worden. So habe Fastweb zum Beispioel von einem britischen Geschäftspartner eine Zahlung ohne Mehrwertsteuer bekommen, habe aber auf der Zahlung an den Lieferanten Mehrwertsteuern abführen müssen. Diese von Fastweb bezahlte Mehrwertsteuer hätte der italienische Staat dann zurückerstatten sollen, was er aber bislang nicht getan habe, so Schloter: "Daher ist Fastweb gemessen an den Zahlungsströmen ganz objektiv auf der Seite der Geschädigten. Dagegen hat der Lieferant profitiert." Dieser habe Mehrwertsteuern erhalten, aber nicht an den Staat abgeliefert. Dadurch seien die Untersuchungen von der Steuerbehörde eingeleitet worden.


Fastweb ist laut Schloter dennoch ins Visier der Behörden geraten, weil es um die legitime Frage geht, ob das Unternehmen sämtliche Sorgfaltspflichten wahrgenommen hat. Zudem werde untersucht, ob das damalige Management über die Vorgänge Bescheid wusste oder nicht. Je nachdem, wie die Antworten auf diese beiden Fragen ausfallen, bleibt der Schaden an Fastweb hängen, oder der Staat muss ihn tragen. Im letztgenannten Fall müsste der Staat die Mehrwertsteuer zurückerstatten.


Die Untersuchungsbehörden in Rom haben derweil beantragt, einen Kommissär bei Fastweb einzusetzen. Laut Schloter kann dies von einer Aufsicht über das von der Untersuchung betroffene Geschäft bis zur Aufsicht über die gesamte Fastweb-Tätigkeit gehen.


Weiter erklärt Schloter im Interview, dass gegen zwei Mitarbeiter belastende Beweise vorliegen. Jene wussten demnach vom Geschäft und haben Schmiergelder erhalten. Bei der Anklage gegen Fastweb-Vorbesitzer Silvio Scaglia gehe es vielmehr um die Frage, wie viel er davon wusste. Die Rolle des aktuellen Managements hat für Swisscom derweil ein unabhängiger Jurist abgeklärt. Er habe die 1600 Seiten Beweis-Dokumente unter die Lupe genommen. Und: "Wir kamen zum Schluss, dass in dieser Schrift keinerlei belastende Elemente gegen das heutige Management vorliegen", betont Schloter. Aussagen, wonach auch gegen das heutige Management wegen Geldwäscherei ermittelt werde, "stimmen schlichtweg nicht". Auch gebe es keinen Anlass, dem heutigen CEO Stefano Parisi das Vertrauen zu entziehen. Natürlich würden aber alle Mitarbeiter suspendiert, gegen die belastendes Material vorliege.


Fragen zum möglichen Reputationsschaden wird Swisscom gemäss Schloter wohl erst in sechs bis neun Monaten beantworten können. Bislang halte sich der Imageschaden in Italien aber noch in Grenzen, wie man Feedbacks von Kunden entnehmen könne. Wichtig sei nun auch, "wie wir uns jetzt in diesem Verfahren positionieren, insbesondere bezüglich Transparenz und Zusammenarbeit mit den Behörden."

(abr)


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