Optimierte Prozesse – vierfache Effizienz

Roman Probst gründete 2005 das Übersetzungsbüro Translation-Probst. Mittels einer selbstentwickelten Online-Lösung steigerte er die Effizienz und gewann viele Preise.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2009/08

     

Schön für einen Jungunternehmer, wenn er sich vor Aufträgen kaum retten kann. Blöd nur, wenn das Geschäftsmodell zwar gut, aber zu wenig skalierbar ist, um das Wachstumspotential auch auszuschöpfen. Roman Probst kennt dieses Problem. 2005 gründete er das Übersetzungsbüro Translation-Probst. Die Idee: Der Kunde lädt seinen Text zum Übersetzen auf der Homepage hoch, wählt die Lieferfrist und Zielsprachen und erhält die Offerte für die Übersetzung gleich online. Damit hatte Probst offenbar eine Marktlücke entdeckt.


«Dank strikter Qualitätssicherung wuchs das Auftragsvolumen sehr schnell», so Probst. Bald stiess das junge Unternehmen an seine Kapazitätsgrenzen, denn die gesamte Auftragsabwicklung wurde manuell erledigt: Für jeden Auftrag war der geeignete Übersetzer anhand von Listen zu selektieren. Der Versand der übersetzten Texte sowie der Rechnungen wurde einzeln durchgeführt. «Das war ein riesiger Aufwand, und jeweils Ende Monat eine wirkliche Herausforderung», erinnert sich Probst. Der starke Zuwachs an Aufträgen führte dazu, dass der aktuelle Stand der Arbeiten nur mit viel Arbeit zu überblicken war.


Weitere Probleme entstanden durch die ständige Zunahme an verfügbaren Sprachen: Zunächst übersetzte Translation Probst vor allem in den Sprachen Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch, auf Wunsch eines Grosskunden kamen bald weitere Sprachen hinzu. Das Netz der für die Agentur arbeitenden Übersetzer wuchs und mit ihm die Überlastung. «Ich hatte die Wahl, zusätzliches Personal zu engagieren oder die Arbeitsprozesse zu automatisieren», erinnert sich Probst.



Keine Standardlösung

Eine neue Software musste her. Es ergab sich eine Lösung in Zusammenarbeit mit den beiden IT-Dienstleistern Comsulting und Zynex – Unternehmen, die auf diese Aufgabenstellung spezialisiert sind. Schnell war klar, dass die speziellen Anforderungen einer Übersetzungsagentur nicht mit einem Standardprodukt erfüllt werden können, sondern einer Neuentwicklung bedürfen. «Der Entscheid war nicht ganz einfach», sagt Probst. Er hatte keine potenten Investoren in der Hinterhand, sondern musste den bisher erarbeiteten Gewinn reinvestieren. Zu Beginn waren es zwischen 15’000 und 20’000 Franken. Mittlerweile hat ihn die Software über 100’000 Franken gekostet. «Eine riesige Summe für ein junges Unternehmen», so Probst. «Wenn man Tag und Nacht für den Aufbau seiner Firma arbeitet und dann endlich Geld verdient, ist man schon versucht, sich etwas Schönes zu gönnen, anstatt das Geld wieder ins Unternehmen zu stecken.»


Effizienz vervierfacht

Doch es hat sich gelohnt. Mit der neuen Software konnte die Effizienz rund um das Vierfache gesteigert werden, und auch der Komfort für die Kunden hat massiv zugenommen. In einem ersten Schritt analysierten die Spezialisten von Comsulting und Zynex zusammen mit Roman Probst die Arbeitsprozesse und teilten diese in einzelne Arbeitsschritte. Darauf aufbauend wurde dann die Lösung entwickelt und damit die einzelnen Schritte automatisiert. Das Ergebnis ist eine webbasierte Software ohne Systembrüche. Sprich: Alle Akteure, vom Angestellten von Translation Probst bis zu den Übersetzern und den als Korrektoren tätigen Fachhochschulprofessoren, können jederzeit auf die für ihre Arbeit relevanten Daten zugreifen. Und die Kunden haben die volle Transparenz über Terminologie und Wording und können jederzeit auf alle ihre übersetzten Texte zugreifen. «Jetzt kann ich mich auf das Wesentliche konzentrieren, nämlich die Kundenberatung, anstatt mich mit administrativen Arbeiten herumzuschlagen», beschreibt Probst den Vorteil der Software.



Lösung ohne Systembruch

Die Lösung sei in erster Linie auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten, sagt Probst. Diese können sich nun jederzeit einloggen, einen Text hochladen, die gewünschte Zielsprachen auswählen, die Lieferfrist bestimmen und so in Sekundenschnelle eine Offerte einholen. Entspricht der Liefertermin der Übersetzung und das Angebot den Vorstellungen des Kunden, muss der Auftrag nur noch per Mausklick bestätigt werden. Aus den acht festangestellten und rund 300 unter Vertrag stehenden Übersetzern informiert die Software nun das Kernteam – die Stamm-übersetzer und Stammkorrektoren über den neuen Auftrag. Hierbei ist neben der Sprachkombination und dem Fachgebiet des Textes entscheidend, ob ein Übersetzer regelmässig für den jeweiligen Auftraggeber gearbeitet hat. «So wird gewährleistet, dass der Text von Fachübersetzern bearbeitet wird, die den Kunden, dessen Firmen-Terminologie und Wünsche gut kennen», sagt Probst. Genau so, wie wenn wir die eigentliche Übersetzer-Abteilung einer Firma wären.


«Sobald der Text übersetzt ist und hochgeladen wurde, wird der Korrektor benachrichtigt, um das Ergebnis zu prüfen», beschreibt Probst das Prozedere. Die aus Hochschulprofessoren rekrutierten Korrektoren seien zwar sehr teuer, garantieren aber eine hohe Qualität bei Übersetzungen. «In diesem Geschäft bedeuten Qualität und Vertrauen alles. Der Aufwand zahlt sich deshalb aus.» Ist auch der Korrektor mit seiner Arbeit fertig, wird der zuständige Mitarbeiter von Translation Probst informiert und kann den Text dem jeweiligen Kunden freigeben und ihn somit per E-Mail über den Abschluss des Auftrages informieren.


Der Kunde wiederum, kann sich zu jedem Zeitpunkt einloggen, um sich über den Status der Arbeit zu informieren und die übersetzten Texte herunterzuladen. Ein weiterer Vorteil der neuen Lösung: Bereits erledigte Aufträge bleiben gespeichert, wodurch der Auftraggeber jederzeit auch auf ältere Übersetzungen zugreifen und diese immer wieder verwenden kann. «Das ist aber noch nicht alles», erklärt Probst sichtbar stolz. «Ein weiteres wichtiges Tool findet sich im Management der individuellen Terminologie der Unternehmen.» Diese können eine Liste erstellen, wenn beispielsweise aus Marketinggründen für bestimmte Worte firmeneigene Sprachregelungen bestehen. Die Liste ist für jeden Akteur jederzeit einsehbar und kann ebenfalls online aktualisiert werden. Läuft alles glatt, wird der ganze Prozess also automatisch vorangetrieben. Nur wenn nachträglich Änderungen am Originaltext vorgenommen werden, wird ein Einschreiten seitens der Agentur notwendig. «Das ist nicht nur praktisch, sondern steigert auch die Konsistenz der Übersetzungen und ist somit auch der Qualität zuträglich», resümiert Probst.



Rechnungen auf Knopfdruck

Gerade auch in der Buchhaltung bietet die Software für Translation Probst nicht zu unterschätzende Vorteile. Da die Aufträge zentral erfasst werden und das frühere «Excel-System» durch ein Buchhaltungs-Tool abgelöst wurden, kann Probst nicht nur die Umsätze in Echtzeit abrufen, sondern – was könnte schöner sein – per Knopfdruck die Rechnungen mit ESR-Code verschicken und das Debitoren-Management überprüfen.


Nicht zuletzt dank der professionellen Lösung konnte das junge Unternehmen renommierte Kunden wie OC Oerlikon, Swisscom oder Heineken für sich gewinnen. Die Übersetzerbranche sei nicht eben für ihre Dynamik bekannt, sagt Probst. In einem Selbstversuch hat er als angeblicher Kunde bei Konkurrenzunternehmen Offerten bestellt und musste teilweise einige Tage auf eine Antwort warten. Bei ihm gebe es aber die Möglichkeit, einen Text innerhalb von drei Stunden übersetzen zu lassen — Korrekturlesen inklusive. Ohne die Software wäre das gar nicht erst möglich, ist Probst überzeugt. «Dank der Effizienzsteigerung können wir unseren Kunden Übersetzungen ohne Mindestgebühren anbieten», so Probst. Er schreckt auch vor der Übersetzung weniger Zeilen für einen Preis von 10 Franken oder weniger nicht zurück. «Das rechnet sich zwar nicht, aber es gibt einfach Kunden, die uns testen möchten, bevor sie bei uns ihre Webseite oder Broschüre übersetzen lassen möchten. Dass wir auch für kleine Übersetzungen keine Mindestgebühren verlangen, wird auch von unseren Stammkunden sehr geschätzt.»



Mehrfach ausgezeichnet

Die Tatsache, dass Probst sein Geld anstatt in teure Autos in seine Online-Technologie inves-tiert hat, wird aber nicht nur von den mittlerweile mehr als 500 Kunden honoriert. Die Fachhochschule Winterthur, wo Probst studierte, verlieh ihm den «Students-to-Business Prize» als bestes Start-up des Jahres 2006. Ein Jahr später wurde das Übersetzungsbüro von Probst von der «Handelszeitung» als KMU des Monats präsentiert. Im vergangenen Jahr gewann Probst mehrere prestigeträchtige Mandate wie Übersetzungsaufträge für die Euro 2008. Doch nicht genug: Seit wenigen Wochen ist Translation Probst offizieller Partner für Übersetzungsdienstleis-tungen von MCH Exhibitions, dem grössten Schweizer Messeveranstalter. Dank dieser Kooperation können die Aussteller der verschiedenen Fach- und Publikumsmessen auf die Übersetzungsdienstleistungen von Translation-Probst zurückgreifen, an denen sich rund 15’000 ausstellende Firmen beteiligen.




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