Das Internet für Dienstleister

von Simon Wegmüller

4. Mai 2019 - Das Start-up Apparranger will die Terminbuchung für Dienstleistungen revolutionieren. Alle Termine, von der Massage bis hin zum Arzttermin, sollen über die Plattform gebucht werden können.

Apparranger soll das Google für die Suche nach Dienstleistungen und Dienstleistern werden, so die Vision des Gründers Josip Sunic, Gründer und ehemaliger CEO des Ostschweizer PC-Herstellers Prime Computer. Um dieses Ziel Realität werden zu lassen, hat das St. Galler Start-up eine Online-Plattform entwickelt, die es Nutzern auf einfache Art und Weise erlauben soll, Termine und Dienstleistungen aus über 300 Branchen zu buchen. "Apparranger wird langfristig eine Plattform sein, über welche sämtliche Dienstleistungen gebucht werden können", so Sunic.

Das Grundprinzip von Apparranger ist einfach erklärt: Ein Kunde sucht auf der Plattform nach der gewünschten Dienstleistung, wählt aus einer Reihe von Angeboten aus und bucht diese sogleich auch – alles an einem Ort. Die Recherche nach dem passenden Anbieter soll so um einiges zeiteffizienter vonstattengehen, Dutzende Logins und Passwörter zur Geschichte werden.


Zwei grundsätzliche Probleme

Apparranger – kurz für Appointment Arranger, entstand bei einem Besuch beim Dermatologen. "Ich habe mich mit ihm über die Digitalisierung der Triage bei Ärzten unterhalten", erinnert sich Sunic. "Er hat dann gemeint, dass die Triage ein kleines Problem ist." Weitaus problematischer sei die Sache mit der Terminvereinbarung. Daraufhin folgten einige ausführliche Gespräche mit Dienstleistern anderer Branchen, was zu Vorschein brachte: Bei sämtlichen Dienstleistern stehen grundsätzlich zwei Probleme im Vordergrund. "Zum einen ist das die hochgradige Ineffizienz bei der Terminvereinbarung", so Sunic. "Zum anderen entstehen aufgrund leerer Termine hohe Opportunitätskosten, bedingt durch kurzfristige Absagen oder Marketing- und Verkaufsprobleme."

Genau diese Probleme wollen Sunic und sein Team anpacken. Dabei werden die einzelnen Branchen systematisch abgearbeitet: "In jeder Branche bestehen für die Dienstleister andere Probleme im Bezug auf die Terminverarbeitung." So erfordere die Terminvereinbarung für einen Haarschnitt etwa eine ganz andere Methodik als das Vereinbaren eines Arzttermins.

So gibt es beispielsweise, je nach Branche und Unterbereich, diverse Fragen, die Dienstleister dem Kunden stellen müssen, um die Art und Dauer eines Termins zu definieren. "Apparranger digitalisiert diese Fragen und Abläufe in Zusammenarbeit mit den Dienstleistern", so Sunic. "Zusätzlich werden weitere Faktoren berücksichtigt, die für eine Buchung relevant sind." Dabei soll der Einstieg in die Terminbuchung via Apparranger für Dienstleister so einfach wie möglich und kostenlos sein, betont Sunic.


Unterstützung an allen Fronten

Das Start-up verlangt von den Dienstleistern, die ihre Dienste auf der Plattform anbieten, keine Umsatzbeteiligung. Anbieter bezahlen nur dann, wenn ein Kunde tatsächlich einen Termin über die Plattform bucht. Standardmässig wird pro gebuchtem Termin, zumindest in der Schweiz, 1 Franken verrechnet. Geplant ist des weiteren eine Gebotsfunktion, die es Dienstleistern quasi erlaubt, mehr als den Mindestbetrag zu bieten, um als erstes Suchresultat zu erscheinen. Diese Funktion, so ist Sunic sicher, werde den Durchschnittserlös pro Terminbuchung stark steigen lassen, es sei denn, die Plattform verfügt über eine genügend grosse Anzahl Nutzer.

Darüber hinaus will die Plattform Dienstleister auch an anderen Fronten unterstützen, etwa durch Partnerschaften mit Softwarefirmen. So sollen beispielsweise Termine automatisch mit verschiedenen Kalendern synchronisiert werden können und die Integration der Plattform in bestehende Buchhaltungslösungen soll die automatisierte Abrechnung der erbrachten Dienstleistungen ermöglichen.

Dienstleister erhalten ausserdem etwa die Option, Bestandskunden mittels Rabatten dazu zu bringen, freie Termine zu buchen. Kunden, die dringend einen Termin möchten, können derweil automatisch benachrichtigt werden, sollte spontan ein Termin frei werden.

Besonders die Tatsache, dass Dienstleister keine Umsatzbeteiligung abdrücken müssen, soll, so Sunic, Apparranger von der Konkurrenz abheben. Der Hauptgrund, wieso Anbieter sich auf solchen Plattformen eintragen liessen, sei hauptsächlich die Möglichkeit zur Minderung der Opportunitätskosten.


Schritt für Schritt

Das Apparranger-Team besteht zurzeit aus dem Gründer, Josip Sunic, der auch als CEO amtiert, Stephan Widmer, der als COO die Verantwortung über Verkauf, Marketing, Administration und Personal trägt, Nikola Obradovic, der als CTO für die Produktentwicklung aber auch für das Marketing und den Vertrieb in den USA und Kanada zuständig ist und ganz neu dabei Christoph Ottiger, Chief Marketing Officer. Damit setzt sich das noch junge Unternehmen aus einer Riege von erfahrenen Unternehmern zusammen. So war Stephan Widmer etwa unter anderem Geschäftsführer in verschiedenen Unternehmen, und CTO Nikola Obradovic hat bereits mehrere Start-ups gegründet. Bis Ende 2019 soll das Team jedoch weiter ausgebaut werden, die genauen Ziele verrät Sunic allerdings nicht. Hier gilt es wohl auch noch die für Juni 2019 geplante Finanzierungsrunde über 800’000 Franken abzuwarten, wofür das Unternehmen natürlich auf der Suche nach Investoren ist. Mit dem Break-even rechnet Sunic bis Ende 2022. Bisher wurden durch die Gründer rund 400’000 Franken in das Start-up investiert.

"Für Juni 2019 ist die Lancierung der ersten Lösung für Masseure, Physiotherapeuten und Chiropraktiker geplant", verrät Sunic. Nach und nach sollen dann, quasi quartalsmässig, weitere Branchen, wie Ärzte, Taxiunternehmen, Restaurants oder Hotels dazukommen. "Für die Entwicklung der einzelnen Branchenlösungen arbeiten wir dabei eng mit Dienstleistern aus den entsprechenden Branchen zusammen." Das Interesse seitens Dienstleistern, bei der Entwicklung dieser Integrationen mitzuwirken, sei gross, so Sunic weiter, da die Lösung so haargenau auf die Zielgruppe zugeschnitten werden könne. Die Wahl der ersten Branche fiel dabei nicht zufällig aus. "Therapeuten werden Ärzte dazu animieren, Termine über Apparranger zu buchen", erläutert Gründer Sunic. "Sobald die Lösung für Therapeuten fertig ist, werden die Ärzte, die bereits mit Patienten über Apparranger vermitteln, kontaktiert. Zusammen mit diesen Ärzten wird dann eine Lösung für diesen Bereich entwickelt."


Entwicklungsmarkt Schweiz

Für die erste Lösung konnte das Start-up zwischen März und April 2019 bereits 120 Therapeuten akquirieren, wobei man auf die Zusammenarbeit mit Partnern setzte und auch weiterhin setzt. Diese beliefern die Dienstleister etwa bereits mit Material, Mobiliar oder Software und erhalten eine Umsatzbeteiligung für jeden akquirierten Dienstleister. Und auch mit Branchenverbänden arbeitet man zusammen. "Erste Gespräche wurden bereits geführt, um zu evaluieren, ob das Problem der Terminbuchung und der Opportunitätskosten gross genug ist, dass auch Verbände ein Interesse an einer Lösung für ihre Mitglieder haben", so Sunic.

"Bis Ende 2019 rechnen wir mit tausend Anbietern und wollen die Anbieterzahl pro Jahr verfünffachen", so Sunic. Und auch international hegt das Star-up grosse Ambitionen: "Wir gehen so vor, dass wir die Branchenlösungen in der Schweiz entwickeln, testen, optimieren und finalisieren", verrät Sunic. "2020 treten wir mit Partnern in die DACH-Region und ein Jahr später den USA und in Kanada sofort in den US-Markt ein. Für jedes Land muss die Plattform geringfügig angepasst werden, da teils andere Kundenangaben wie etwa die Krankenkassen- oder Sozialversicherungsnummer benötigt werden. Pro Jahr wollen wir vier bis sechs Branchen hinzufügen und ein bis zwei weitere Länder erschliessen." Der Schweizer Markt dient als quasi als Test- und Entwicklungsmarkt, insbesondere, so Sunic, weil die geographische Knappheit die Zusammenarbeit mit den Dienstleistern vereinfacht.

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