Ricardo.ch sorgt erneut für rote Köpfe

von Matthias Wintsch

12. Dezember 2018 - Auf dem Online-Marktplatz Ricardo.ch können Händler keine Schwarze Liste zum Ausschliessen unliebsamer Käufer mehr führen, das Feature gehört der Vergangenheit an. Die von Ricardo.ch vorgeschlagene Lösung ist jedoch unbefriedigend.

Update: In Folge zahlreicher kritischer Kommentare, die unsere Leser zu Ricardo verfasst haben, haben wir Ricardo mit den gesammelten Vorwürfen konfrontiert. An dieser Stelle ist der entsprechende Artikel zu lesen.

Im Rahmen der Überarbeitung von Ricardo.ch schaffte der Online-Marktplatz im Sommer die Einstellgebühren ab, erhöhte die Gebühren für Abschlüsse und überarbeitete das User Interface sowie einige Features ("Swiss IT Magazine" berichtete). Das neue Gebührensystem machte ein intransparentes System zwar transparenter, erhöhte jedoch für gewisse Geschäftsfelder und Preiskategorien die Gebühren massiv ("Swiss IT Magazine" berichtete ebenfalls). Die Änderungen haben bei zahlreichen Händlern einen relevanten Impact. Die Margen verändern sich, einige gaben in der Folge an, damit Ricardo.ch nun den Rücken zuwenden zu müssen.

Die neue Ankündigung sorgt nun erneut für rote Kopfe bei den Händlern: Ricardo.ch schafft die Schwarze Liste ab, das Tool also, mit dem Händler unliebsame Käufer von Auktionen ausschliessen konnten. Dies umfasst beispielsweise Bieter, die nicht bezahlen, nur zum Spass bieten aber nie kaufen oder solche, die mit Beleidigungen um sich werfen.

Die Schwarze Liste ist nun also Vergangenheit, Ricardo schreibt dazu: "Im Rahmen der schrittweisen Überarbeitung und Vereinfachung von ricardo.ch werden verschiedene Funktionen nicht mehr unterstützt, um neuen Funktionen Platz zu machen. Darunter fällt auch die 'Schwarze Liste'. Wir danken dir für dein Verständnis. Unseren Verkäufern empfehlen wir die neuen erweiterten Zahlungsmethoden zu aktivieren - zum Schutz vor Käufern, die nicht zahlen." Die Händler werden folglich zum Wechsel gedrängt, um den Schutz weiter zu geniessen. Mit den neuen Zahlungsmethoden wird der gesamte Zahlungsverkehr über Ricardo.ch abgewickelt, das Geld fliesst also zukünftig nicht mehr direkt vom Käufer zum Verkäufer, sondern wird über Ricardo.ch geleitet und untersteht somit der Kontrolle der Plattform. Damit wäre der Schutz vor nicht bezahlenden Käufer zwar gewährleistet, andere Probleme, wie etwa Beleidigungen in Kontaktformularen von aggressiven Käufern, werden über ein zentralisiertes Zahlungssystem jedoch nicht mehr ausgeschlossen.


Mangelhafte Kommunikation zu unsichtbaren Kosten

Ungeschickt ist in der vorliegenden Sache aber vor allem die Kommunikation: Ricardo.ch rät den Verkäufern also, die neuen Zahlungsmöglichkeiten zu nutzen und bewirbt diese als "Komplett kostenlos". Das mag von Seiten Ricardo wohl stimmen, Kreditkarteninstitute und Paypal hingegen werden weiterhin Gebühren verlangen. Dies könnte sich als Stolperfalle herausstellen, besonders für neuere Verkäufer, wie eine erfahrene Händlerin gegenüber "Swiss IT Magazine" angibt. Ricardo.ch, so die Händlerin, spiele hier mit den Ängsten der Händler, um diese zur Nutzung der neuen Zahlungsmethoden zu bewegen. So empfehle der Marktplatz zwar ausdrücklich, die neuen Zahlungsmethoden zu nutzen, weise jedoch nicht auf mögliche Konsequenzen, wie etwa die unsichtbaren Gebühren, hin.

Bei Ricardo.ch fokussiert man sich derweil auf die Vorteile der Neuerungen: Die Abwicklung der Zahlungsgeschäfte, die mit dem neuen System komplett über Ricardo.ch abgewickelt werden sollen, spare Zeit und Ärger. Mit den neuen Zahlungsmethoden käme man, wie Ricardo.ch schon im September schrieb "unserem Ziel einen Schritt näher, den Handel von Gebraucht-, Selten- und Sonderware so zu gestalten wie man es sich bei Neuwaren gewohnt ist." Die Entwicklung ist noch nicht vollständig abgeschlossen, interessierte Händler können sich derzeit auf Ricardo.ch für die neuen Zahlungsmöglichkeiten registrieren, um diese nach der Fertigstellung als erste Teilnehmer nutzen zu können.

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