Einschalten, Reisen, Ausschalten

von Simon Wegmüller

3. Februar 2018 - Die Ticketing-Lösung Lezzgo ist seit Januar schweizweit einsetzbar. Von BLS initiiert, wurde die Mobile App mit mehreren Partnern umgesetzt.

Einschalten, Reisen, Ausschalten – so lautet das Versprechen der Ticketing-Lösung Lezzgo. Dazu zeichnet die App den Reiseweg auf und berechnet am Ende des Tages den günstigsten Tarif. Nutzer müssen sich also nicht mehr um die Einzelheiten wie die Reisestrecke oder Tarifverbundgrenzen kümmern, die App übernimmt die Arbeit. Initiiert wurde das Projekt von der Bahngesellschaft BLS, die der App zu Grunde liegenden Regeln und Standards wurden jedoch gemeinsam mit Postauto und SBB erarbeitet.

Die Geschichte von Lezzgo beginnt 2014, als BLS mit der Erarbeitung ihrer Digitalstrategie Vertrieb begann, so Andreas Kronawitter, der bei BLS für die Entwicklung von Lezzgo verantwortlich war. Daraus seien etwa 250 Ideen entstanden, von welchen Lezzgo letztlich erfolgreich umgesetzt wurde. "Nach einigen technischen Tests wurde die eigentliche Entwicklung im Spätherbst 2015 im agilen Stil gestartet", erklärt Kronawitter. Die zugrundeliegende Fragestellung dabei lautete, das komplizierte Tarifsystem im öffentlichen Verkehr so zu vereinfachen, dass dessen Komplexität von der effektiven Nutzung entkoppelt werden kann. "Da im Durchschnitt 80 Prozent der Bevölkerung mit dem Auto unterwegs sind und 20 Prozent mit dem ÖV, gibt es ein grosses Potential, Selten- und Gelegenheitsfahrer anzusprechen", erklärt Daniel Hofer, Leiter Vertrieb bei BLS. "Wird der ÖV attraktiver, spart dies Kosten, reduziert die Umweltbelastung und erhöht die Sicherheit auf den Strassen."


Vom Prototyp zum Release

Für die Umsetzung der App arbeitete man mit mehreren Partnern zusammen, die jeweils Expertise in verschiedenen Bereichen mit sich brachten. Das Projektteam, bestehend aus, je nach Projektphase, insgesamt fünf bis 15 Fachkräften des Software-Hauses Puzzle ITC, der App-Entwickler von Approppo, Experten von Zühlke sowie des Digitalisierungs-Dienstleisters Ti&M, wurde dabei bei BLS intern angesiedelt. "Wir haben die besten Experten auf dem Gebiet ausgewählt, die wir in der Schweiz finden konnten", hält Kronawitter fest. "Eine solche Entwicklung hört zudem nie auf, so haben wir Partner gesucht, mit denen eine langfristige, einfache Zusammenarbeit mit einem möglichst grossen gegenseitigen Nutzen möglich ist."

Nach einigen technischen Tests wurde im Spätherbst 2015 die eigentliche Entwicklung gestartet. Bevor allerdings die erste Zeile Code programmiert wurde, führte man diverse Tests durch, etwa mit "Papier-Apps" und Mockups, um die Anforderungen von potentiellen Nutzern zu prüfen und verschiedene Konzepte zu testen. Daraufhin wurde innerhalb weniger Wochen ein Prototyp erstellt, der in einem Feldtest im Februar 2015 mit Kunden ausgiebig getestet wurde. Rund drei Monate später ging die App im ersten Tarif­verbund für eine begrenzte Anzahl Beta-Tester live und im August 2016 wurde die App, zunächst noch beschränkt auf den Libero-Tarifverbund, regulär in die Stores gestellt. "In den folgenden Monaten wurde die umliegenden Verbünde integriert und Vorbereitungen für die nationale Ausweitung zusammen mit SBB, Postauto und weiteren Partnern gestartet", so Daniel Hofer. "Diese nationale Ausweitung sollte an das neue, nationale Vertriebs-Backend Nova Plattform anschliessen, die im Dezember 2016 produktiv gesetzt wurde." Um den gemeinsam entwickelten nationalen Standard zu validieren, entwickelte man daraufhin, gemeinsam mit den SBB und Postauto, Lezzgo-Plus. Die erweiterte App wurde im Juni 2016 wiederum für eine Closed User Group freigegeben. "Aufgrund der positiven Ergebnisse und Rückmeldungen haben die zuständigen nationalen Gremien die produktive Freigabe von Lezzgo auf den 1. Januar 2018 erteilt", so Kronawitter. "Seit dem 10. Januar 2018 ist Lezzgo in den Stores mit nationaler Abdeckung verfügbar. Die Nutzer können mit der App schweizweit und über Grenzen der Tarifverbunde hinweg ­reisen."


iOS vor Android

Bei der Entwicklung achtete man ­dabei stets auf das Feedback der Nutzer. "Die Entwicklung wurde bewusst agil durchgeführt, um auf neue Erkenntnisse schnell reagieren zu können", so Hofer und ergänzt: "Natürlich können nie alle Nutzerwünsche umgesetzt werden, aber alle sinnvollen und möglichen kommen ins Backlog." Bewusst wurde auch darauf verzichtet, Lezzgo parallel als Web-App anzubieten. Die Kernanforderungen der Nutzer, Schnelligkeit und Einfachheit, sowie der Betreiber, für die die Zuverlässigkeit der App entscheidend ist, sprachen alle für die Entwicklung einer nativen Applikation. Statt die Applikation von Beginn an parallel für iOS und Android zu entwickeln, setzte man zuerst auf die Apple-Entwicklungsumgebung. "iOS ist einfacher, da die Geräte hoch standardisiert sind", erklärt Kronawitter. "Zudem ist bei iOS die Quote der aktuellen Betriebssystemversionen höher. So konnten wir uns in der Entwicklung auf die konzeptionellen Schwierigkeiten konzentrieren." Waren diese überwunden, konnten daraufhin die spezifischen technischen Probleme der Android-Welt gelöst werden. So wurde Lezzgo beim ersten Launch im Libero-Tarifverbund denn auch zuerst nur für iOS veröffentlicht. Alle nachfolgenden Versionen wurden aber parallel freigegeben.

Mit Fairtiq gibt es in der Schweiz eine Ticketing-Lösung mit ähnlicher funktionalität. Die Apps unterscheiden sich aber in verschiedenen Belangen: "Lezzgo kann in der ganzen Schweiz benutzt werden, zudem kann es via SDK in andere Apps integriert werden und wurde unter dem Motto 'von der Branche für die Branche' entwickelt", erklärt Hofer. "Beide Apps sind heute in der Basisfunktionalität identisch. Interessant wird die weitere Entwicklung von Funktionen für die Nutzer." Für die Zukunft steht denn auch noch einiges auf dem Programm: "Das Lezzgo-SDK wird bereits vom ZVV eingesetzt", verrät Kronawitter. "BLS wird Lezzgo zudem in BLS Mobil integrieren und auch die Integration in andere Apps ist einfach möglich. Die Funktion kann zudem auch in nicht-ÖV-Apps eingebaut werden, deren Service Mobilität beinhalten kann." Zudem verrät Hofer, dass in Zukunft auch der Einsatz über Landesgrenzen hinweg denkbar sei.

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