EU weicht Netzneutralität auf und schafft 2017 Roaming-Gebühren ab

von Alina Brack

28. Oktober 2015 - Das EU-Parlament hat ein Telekom-Paket angenommen, welches die Abschaffung der Roaming-Gebühren im EU-Raum ab dem 15. Juni 2017 vorsieht und die Netzneutralität im Gesetz verankert - allerdings mit einem Schlupfloch.

Ab dem 15. Juni 2017 werden die Mobilfunk-Roaming-Gebühren für SMS, Anrufe und Internetzugang innerhalb der EU abgeschafft. So sieht es eine Neuregelung im Telekom-Paket vor, welches das EU-Parlament endgültig angenommen hat. Bereits ab dem 30. April 2016 dürfen die Roaming-Aufschläge 0.05 Euro/Minute für Anrufe, 0.02 Euro/SMS und 0.05 Euro/Megabyte Datenvolumen bei mobiler Internetnutzung nicht überschreiten. Die Obergrenze für eingehende Anrufe werde später in diesem Jahr festgelegt und soll dann voraussichtlich weit unter jener für abgehende Anrufe liegen. Das EU-Parlament hält aber fest, dass, wenn Betreiber ihre Kosten nachweislich nicht decken können und sich dies auf die Inlandspreise auswirkt, dann in Ausnahmefällen Minimalaufschläge erlaubt seien, um alle relevanten Kosten zu decken. Zudem werden Vorkehrungen für eine angemessene Nutzung eingeführt, als Schutz vor einer missbräuchlichen Nutzung oder "dauerhaftem Roaming", beispielsweise wenn der Kunde eine SIM-Karte in einem anderen EU-Staat kauft, um sie bei sich zu Hause zu verwenden, oder wenn der Kunde sich dauerhaft im Ausland aufhält, aber einen für sein Heimatland abgeschlossenen Vertrag nutzt.


Netzneutralität aufgeweicht

Ebenfalls in diesem Telekom-Paket enthalten sind EU-weite Vorschriften zur Gewährleistung des Zugangs zu einem offenen Internet – auch als "Netzneutralität" bekannt -, die erstmals zur Anwendung kommen. Das neue Gesetz soll Anbieter von Internetzugangsdiensten dazu verpflichten, den gesamten Verkehr bei der Erbringung solcher Dienstleistungen gleich zu behandeln, ohne Diskriminierung, Beschränkung oder Störung, sowie unabhängig von Sender und Empfänger, den abgerufenen oder verbreiteten Inhalten, den genutzten oder bereitgestellten Anwendungen oder Diensten oder den verwendeten Endgeräten, wie es in einer Mitteilung heisst. Als Ausnahmen werden gerichtliche Anordnungen, die Vorbeugung von Cybergangriffen oder Netzüberlastungen genannt.

Allerdings sieht das Gesetz auch vor, dass Internetanbieter künftig Spezialdienste anbieten dürfen – etwa für Internet-TV, Videokonferenzen oder im Gesundheitswesen –, solange sich diese nicht auf die allgemeine Internetqualität auswirken. Laut Kritikern, wie etwa die EU-Abgeordnete Julia Reda, schafft dieser Passus allerdings ein 2-Klassen-Internet, da Provider einen bestimmten Datenverkehr auf ihrem Netz zu Gunsten eines anderen drosseln können. Zudem werde so der Anreiz für einen weiteren Ausbau des Netzes genommen.

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