Neue Chancen, alte Risiken
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Neue Chancen, alte Risiken

von Kurt Bylang

KMU profitieren von der zunehmenden Relevanz von Cloud Computing. Während es das operative Geschäft wesentlich erleichtert, erhöht sich aber die Komplexität des Software-Lizenzmanagements und die damit verbundenen Compliance-Risiken. Um sich viel Ärger und unvorhergesehene Kosten zu ersparen, kommen darum heute auch KMU kaum mehr um ein professionelles Software Asset Management herum.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2015/09

     

Dass sich in vielen Unternehmen komplexe Softwarelandschaften entwickelt haben, ist grösstenteils auf zwei Entwicklungen zurückzuführen. Die erste hat ihren Ursprung in den Unternehmen selbst: Verschiedene Fachabteilungen nutzen spezielle Software, oft auch Legacy-Systeme, oder die Mitarbeiter laden sich beliebige Anwendungen, wie etwa Cloud-Storage-Services à la Dropbox, herunter, ohne die IT-Abteilung darüber in Kenntnis zu setzen. Solche «an der IT-Zentrale vorbei» beschaffte IT-Services können nicht nur die Sicherheit, sondern auch den Compliance-Status gefährden.
Die zweite Entwicklung ist auf Hersteller-Seite anzusiedeln: IT-Anbieter bringen regelmässig neue Softwareversionen auf den Markt, mit oftmals verschiedenen Varianten für den Server-, Desktop- oder Mobil-Bereich. Zudem verändern Hersteller häufig ihre Lizenzmetriken, entwickeln neue Produktstrategien oder stellen Supportleistungen schon nach relativ kurzer Zeit ein. Dies führt in weiterer Folge dazu, dass Bestandskunden sorgsam darauf achten müssen, rechtzeitig nachzulizenzieren beziehungsweise neue Lizenzen zu erwerben, wenn sie ihre IT-Compliance nicht gefährden wollen.
In Anbetracht dieser Umstände ist es nicht weiter verwunderlich, dass Kunden immer mehr dazu neigen, Cloud Computing als unkomplizierten Ausweg aus dieser Gemengelage zu sehen. Sie sind sich allerdings meist nicht bewusst, dass auch Cloud Computing an lizenzrechtliche Verträge gebunden ist und die Anbieter ihr Recht auf Audits entsprechend geltend machen. Egal ob Cloud, virtualisiertes Rechenzentrum oder On-Premise-Lösungen: Die Lizenzstruktur in Unternehmen nimmt zunehmend an Komplexität zu. Kein Wunder, dass viele Firmen den Überblick verlieren.

Compliance bleibt Risikofaktor

Aufgrund mangelnder Transparenz im Software-Management steigt natürlich die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Hersteller-Audit Urheberrechtsverstösse festgestellt werden (mehr dazu ab Seite 42). Stellt ein Software-Anbieter bei einem Audit fest, dass ein Anwenderunternehmen unrechtmässig Software nutzt, wird über eine Nachlizenzierung verhandelt. Dabei gilt: Je höher die Diskrepanz, desto schlechter die Verhandlungsposition des Kunden. Um Compliance-Verstösse, die zu hohen Kosten und strafrechtlichen Konsequenzen führen, von vornherein zu vermeiden, sollten Anwenderunternehmen auf ein ganzheitliches Lizenzmanagement entlang des kompletten Software-Lifecycles setzen. So haben sie – unabhängig von angekündigten Audits – den Status jederzeit im Blick und können etwa im Falle einer Unterlizenzierung direkt auf den Hersteller zugehen.
Dies ist aber nicht immer Realität. Vielmehr verhält es sich so, dass Firmen angesichts eines drohenden Audits überstürzt und unüberlegt in Lizenzmanagement-Werkzeuge investieren. Hinzu kommt, dass der Markt für Software Asset Management (SAM), mittlerweile kaum noch überschaubar ist. Gerade KMU, deren Kerngeschäft nicht die IT ist, müssen hier die Mammut-Aufgabe bewältigen, aus einer Vielzahl an Lösungen die für sie effizienteste auszuwählen. Angenommen, sie überwinden diese Hürde, so gilt es immer noch, Mitarbeiter entsprechend zu schulen, Fachwissen aufzubauen und dieses natürlich auch up-to-date zu halten.
Anstatt sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren zu können, müssen Unternehmen also viel Energie, Zeit und Kosten in das Software-Management investieren. Im schlimmsten Fall kann es passieren, dass dann trotz aller Mühe und Kosten am Ende kein zufriedenstellendes Ergebnis herauskommt. Dies liegt in den meisten Fällen schlichtweg am mangelnden Know-how der Mitarbeiter. Denn selbst, wenn erkannt wurde, dass eine Über- beziehungsweise Unterlizenzierung vorliegt, steht die Frage im Raum, wie damit umzugehen ist.
Eine Unterlizenzierung lässt sich nicht mit dem Kauf der nächstbesten Lizenz lösen. Entscheidend für die richtige Lizenz ist die technische Information. In solchen Fällen ist es unter Umständen ratsam, einen externen Berater, der über umfassende Fachexpertise verfügt, zurate zu ziehen. Externe Berater verfügen nämlich nicht nur über ein detailliertes Wissen zu den unterschiedlichen Produkten und den entsprechenden Lizenzmodellen sowie deren aktuell gültigen Nutzungsrechten und Services. Sie arbeiten auch eng mit Softwareherstellern zusammen und können daher bei Verhandlungen das Beste für ihre Kunden herausholen und ein individuelles Beschaffungsmodell für sie erstellen.

Fokus auf gesamten Software-Lifecycle

Ein von einem Experten betreutes professionelles SAM umfasst sowohl die Beschaffung als auch die Nutzung und Wartung von Software sowie die Sicherstellung der Compliance. Dadurch kann die Nutzung von Software in Unternehmen transparent und effizient organisiert sowie der Softwarebestand über den gesamten Lebenszyklus kontrolliert und kontinuierlich auf dem neuesten Stand gehalten werden.
Gerade im Softwarebeschaffungsprozess können Unternehmen einiges an Kosten einsparen: Ein verlässliches SAM ermöglicht zum Beispiel je nach aktueller Wirtschaftslage, die Beschaffung in Fremdwährungen, wodurch sich nicht nur Einsparpotentiale, sondern auch Wettbewerbsvorteile für das betreffende Unternehmen ergeben können. Aber auch die bereits erwähnte Problematik, dass Mitarbeiter oftmals unautorisierte Anwendungen auf ihren Endgeräten installieren, lässt sich mit einem professionellen SAM vermeiden. Dieses ist immer mit entsprechenden Nutzungsrichtlinien verknüpft und erkennt auch Software, die ohne Wissen der IT heruntergeladen und installiert wurde. Zudem kann der konkrete Anwenderbedarf ermittelt werden. Dadurch können die IT-Verantwortlichen auch auf einen Blick erkennen, welche zusätzlichen Anwendungen den Mitarbeitern tatsächlich die Arbeit erleichtern.
Eine Alternative zum traditionellen Software Asset Management bietet SAM as a Service. Hier wird Software Asset Management auf der Grundlage eines Cloud-basierten Systems für den Kunden bereitgestellt. So hat er einen permanenten Überblick über seinen Lizenzstatus und über eventuelle Risiken und Einsparungspotentiale, ohne sich jedes Mal Experten ins Haus holen zu müssen.

Mehr Möglichkeiten, mehr Kontrolle

Fest steht, dass der Trend im Bereich Softwarenutzung immer mehr in Richtung hohe Flexibilität und Unabhängigkeit geht. Dementsprechend statten viele Unternehmen ihre Mitarbeiter nicht nur mit Notebooks und Laptops, sondern auch mit Tablet-
PCs und Smartphones aus. Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen haben mobile Endgeräte rasch an Bedeutung gewonnen.
Neue Business-Modelle sowie der Wunsch nach zeit- und ortsunabhängiger Verfügbarkeit von Software und Daten machen Cloud Computing für die Unternehmen besonders reizvoll. Infolgedessen erfreuen sich sogenannte On-Demand-Systeme immer grösserer Beliebtheit. Zum einen handelt es sich dabei um das Modell Software as a Service (SaaS), das darauf basiert, dass eine Software nicht mehr inhouse, sondern vom Anbieter selbst betrieben wird, während der Kunde nur mehr für die tatsächliche Nutzung bezahlt. Zum anderen kann bei dem Modell Infrastructure as a Service (IaaS) auf den Kauf von Infrastruktur verzichtet werden, weil diese nur noch bei Bedarf virtuell gemietet wird. Dies bringt den zentralen Vorteil mit sich, dass auch KMU auf hochwertige Technologien und Software zugreifen können, die sie sich sonst nicht leisten könnten. Damit bleiben sie wettbewerbsfähig und haben keinen Nachteil gegenüber grösseren Unternehmen.
Wie aber bereits zu Beginn thematisiert, gilt es auch hier, die lizenzrechtlichen Aspekte zu berücksichtigen. Egal, für welches Modell sich Unternehmen entscheiden, der Compliance-Status muss stets im Auge behalten werden. Um dies zu bewerkstelligen, wird auch für KMU künftig kaum ein Weg an einem professionellen SAM vorbeiführen.

über den Autor


Kurt Bylang ist Geschäftsführer von Comparex Solutions (Schweiz). Comparex ist auf Lizenzmanagement, Softwarebeschaffung, technische Produktberatung sowie Cloud-basierte Services spezialisiert und adressiert die Öffentliche Verwaltung, den Mittelstand ebenso wie Industrieunternehmen und international agierende Konzerne.


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