Etablierte Zahlsysteme erhalten Konkurrenz
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Etablierte Zahlsysteme erhalten Konkurrenz

Von Urs Kipfer

Schweizer Kunden kaufen in Online-Shops am liebsten auf Rechnung. An zweiter Stelle folgen die Kredit- und Debit-Karten. Zunehmend bahnen sich aber auch neue Bezahlsysteme ihren Weg in den E-Commerce. Zu diesen zählen neben Paypal die Sofortzahlung oder aber die mobilen Bezahllösungen. Auf den folgenden Seiten soll daher ein Überblick über die verschiedenen Lösungen und deren Vor- wie auch Nachteile verschafft werden.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2015/05

     

Aus Sicht des Händlers ist der Bezahlvorgang einer der heikelsten Prozesse beim Online-Shopping. Es ist der Moment, in dem Interessenten zu Kunden werden. E-Shop-Betreiber setzen deshalb viel daran, den Anteil der Verkaufsabbrüche möglichst gering zu halten. Welche Massnahmen diesbezüglich konkret ergriffen werden können, wird ab Seite 38 beleuchtet. Einer der wesentlichsten Aspekte ist allerdings die Wahl der Zahlungsmittel.
Aus Sicht der Anbieter müssen Zahlungsmittel einige Voraussetzungen erfüllen. Die wichtigsten Eigenschaften sind zum einen der Verbreitungsgrad sowie die Kostengestaltung und zum anderen die Betrugssicherheit. Bezüglich der Verbreitung lassen sich wesentliche Unterschiede zwischen der Schweiz und anderen Ländern ausmachen. So ist die Kreditkarte in der Schweiz beispielsweise viel verbreiteter als in Deutschland.

Kauf auf Rechnung dominiert


Die beliebteste Zahlungsart ist bei der Schweizer Kundschaft aber nach wie vor die Rechnung. Diese hat den Vorteil, dass der Rechnungsversand auf Seiten der Händler in der Regel durch eine vorgängige Bonitätsprüfung abgesichert wird. Dafür ist die Rechnung aber meist auch etwas teurer als andere Zahlungs­arten. Weiter können Ablehnungen wegen schlechter Bonität die betroffenen Kunden verärgern. Um eine hohe Ablehnungsrate zu vermeiden, sollte deshalb ein Partner mit langjähriger Erfahrung und grosser Verbreitung im Schweizer Markt gewählt werden. Der Rechnungsversand kann bei Bedarf auch vollständig ausgelagert werden. Es gibt mittlerweile eine stattliche Zahl an Dienstleistern, die neben der Bonitätsprüfung auch den Rechnungsversand und das Inkasso mit Zahlungsgarantie für den Händler übernehmen. Eine nicht sonderlich beliebte Variante der Rechnung ist die Vorkasse. Diese setzt voraus, dass die Kundschaft den Händler kennt und ihm auch vertraut.
Nach der Rechnung kommt im Schweizer E-Commerce der zuvor erwähnten Kreditkarte die grösste Bedeutung zu. Hier haben sich vor allem Mastercard und Visa durchsetzen können, während bei den Debitkarten nebst der Postfinance Card in der Schweiz noch keine weiteren Zahlungsmittel verfügbar sind. Wegen Sicherheitsbedenken zögern aber viele Konsumenten, die Kreditkarte im Internet einzusetzen. Mit 3-D Secure wurde zwar ein Sicherheitsstandard eingeführt, der tatsächlich auch zu einem signifikanten Rückgang der Betrugsfälle geführt hat. Allerdings wurde dadurch auch der Bezahlprozess etwas umständlicher, was bisweilen zu vermehrten Kaufabbrüchen führt.
Postfinance bietet mit E-Finance neben der Debitkarte auch ein Online-Bank-Transfer-Portal, das vor allem für höhere Beträge genutzt wird. Das liegt daran, dass bei E-Finance die Transaktionsbeträge nur durch die Kontodeckung begrenzt sind, während bei der Postfinance Card – ähnlich wie bei Maestro – in der Regel ein Limit von 1000 Franken pro Tag gilt.

Neue Bezahllösungen sind auf dem Vormarsch


Paypal ist das einzige Zahlungsmittel, das sich nebst den Kreditkarten weltweit verbreiten und im E-Commerce etablieren konnte. Dabei handelt es sich um eine Art digitales Portemonnaie, bei dem jeder Account mit einem Zahlungsmittel verknüpft wird. Diese Zahlungsmittel sind je nach Land unterschiedlich. In Deutschland wird meist die Lastschrift verwendet, während in der Schweiz mehrheitlich Kreditkarten eingesetzt werden. Es ist aber auch möglich, in Prepaid-Manier ein Guthaben auf das Paypal-Konto einzuzahlen.
Mit etwas Verspätung gewinnt diese Zahlungsart nun auch in der Schweiz immer mehr an Bedeutung. Allerdings hat Paypal hierzulande einen Kostennachteil, weil als Funding Source, also das hinterlegte Zahlungsmittel, wie bereits erwähnt meist die Kreditkarte verwendet wird. Bei der Kundschaft ist Paypal jedoch sehr beliebt, weshalb mittlerweile immer mehr Händler diese Zahlungsart trotz der etwas höheren Kosten anbieten.

In letzter Zeit hat in der Schweiz mit der Sofortüberweisung aber auch eine weitere Bezahllösung Einzug gehalten. Die Lösung der Sofort AG bietet einen Online-Bank-Transfer-Service, mit dem das Bankkonto der Endkunden für die Dauer der Zahlung mit dem Konto des Händlers verbunden wird. Die Zahlung erfolgt somit direkt aus dem E-Banking Account des Endkunden heraus. Es handelt sich um ein vergleichsweise günstiges Zahlungsmittel. Kritiker bemängeln indes, dass die Nutzer gegen die Sicherheitsempfehlungen ihrer E-Banking-Anbieter verstossen, weil sicherheitsrelevante Zugangsdaten auf der Seite eines Dritten eingegeben werden müssen.

Mobile gewinnt an Bedeutung


Neben der Sofortüberweisung bringen aber auch neue Bezahlsysteme wie Mobile Payment Wallets und andere mobile Lösungen Bewegung in den Markt. In der Schweiz bringen sich diesbezüglich die beiden Unternehmen Swisscom und Postfinance mit ihren Lösungen Tapit respektive Twint in Stellung. Mastercard und Visa beabsichtigen mit Masterpass und V.me ebenfalls, in diesem neuen Markt für Mobile Payment Wallets Fuss zu fassen. Daneben haben auch verschiedene Einzelhandelsketten Lösungen in Vorbereitung. Eine Übersicht der aktuell oder demnächst in der Schweiz erhältlichen Mobile-Payment-Lösungen findet man ab Seite 42.
Bei allen genannten Lösungen werden Zahlungsmittel­details oder Guthaben einem Benutzerkonto zugeordnet. Die Kontodaten werden auf dem Smartphone hinterlegt und via QR-Code oder NFC-Technologie zur Zahlung verwendet. Der primäre Anwendungsfall sind derzeit zwar noch Zahlungen am Verkaufspunkt, die Anbieter haben aber auch den E- und M-Commerce im Auge.
Diesen Benutzer-Accounts mit hinterlegten Zahlungsmitteldaten wird künftig noch mehr Bedeutung zukommen, da die Eingabe von Text und Zahlen auf Smartphones und Tablets eher unhandlich ist, die Internetzugriffe über die mobilen Geräte aber beständig zunehmen. Eine einfache und schnelle Bedienbarkeit ist eine unverzichtbare Eigenschaft im Mobile Commerce.
Mobile Payment Wallets sind noch neu im Markt oder noch gar nicht gestartet. Es ist daher noch unklar, welche Anbieter sich am Ende durchsetzen werden. Unbestritten ist aber, dass Mobile Commerce gegenwärtig ein grosses Thema darstellt. Ob native Apps oder Responsive Websites, wer sein Business heil in die Zukunft bringen will, kommt um mobil optimierte Prozesse nicht herum.


Urs Kipfer ist seit 2001 für Datatrans tätig und hat derzeit die Position des Head Key Account Managers für die Betreuung grosser Kunden und Partner des Unternehmens inne.


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