Technologie ist nicht die Lösung
Quelle: Sensebright

Technologie ist nicht die Lösung

Das Zürcher Start-up Sensebright setzt auf Bluetooth Beacons, um die Kommunikation zwischen Verkäufern und Kunden zu fördern.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2015/05

     

Glaubt man der viel zitierten Business-Insider-Studie Beacons Report, entwickeln sich Bluetooth Beacons gerade zur wichtigsten Retail-Technologie seit der Einführung der Kreditkarte. Beacons oder Leuchtfeuer sind kleine Bluetooth-Sender, die in festen Zeitintervallen Signale senden. Im Zusammenspiel mit einem Bluetooth-fähigen Handy eröffnen sich allerlei Anwendungsszenarien – zum Beispiel können so Rabattangebote im Einzelhandel an Kunden kommuniziert werden. Das Schlüsselwort hier ist Proximity. Proximity bedeutet Nähe und beschäftigt sich mit der Frage, wie Kunden vor Ort am besten via Technik angesprochen werden können.

Aller Anfang lag bei Apple

2013 brachte Apple den Stein mit der Einführung des eigenen iBeacon-Standards ins Rollen. Gemäss Beacons Report testen heute bereits mehr als die Hälfte der hundert grössten US-Einzelhandelsketten diese Technologie. In der Schweiz warten die Grossen zurzeit eher ab – dafür sind die Kleinen aktiv. Viel Aufmerksamkeit generierte zuletzt das Start-up Sensebright mit dem Pilotprojekt Wiedikon Valley, das im November 2014 anlief. 22 unterschiedliche Geschäfte rüsteten im Zürcher Stadtteil Wiedikon ihre Schaufenster mit Beacons aus. Passanten, welche die entsprechende App heruntergeladen hatten, wurden im Vorbeigehen auf besondere Angebote hingewiesen.
Dabei ist nicht zu vergessen, dass Proximity und Handy-Werbung durchaus auch problematische Seiten haben – Stichwort Big Brother. Schmerzhaft zu spüren bekamen dies diverse US-Industrie­grössen vor einigen Jahren, als flächendeckend RFID eingeführt werden sollte. Dies scheiterte weitgehend am Widerstand der Zivilgesellschaft. Dessen ist man sich auch bei Sensebright bewusst. Dennoch sieht das Start-up hier klar einen Zukunftstrend – zumal aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt wurde und für Beacons deutlich mehr Anwendungsszenarien existieren als nur Werbung. Siehe Wiedikon: Zwar gab es hier Rabatt beim Optiker, aber eben auch die Speisekarte eines Cafés oder Kontaktdaten der Kundenberater einer Bank zu holen.

Geteilte Meinung über Pilot- projekt in Zürich-Wiedikon


Zum Abschluss des Projekts Ende März gab es schliesslich geteiltes Feedback: Einige Ladenbesitzer erlebten keinerlei Effekte, andere sahen das Ergebnis im Verhältnis zum eigenen Einsatz. Das ist auch ein zentraler Punkt für Sensebright-Mitgründer Fabio Trentini: «Technologie ist nicht Lösung, sie ist ein Mittel.» Im W-Valley war dies am ehesten dort zu spüren, wo die Kleinunternehmer die Technologie nutzten, um sich gegenseitig zu helfen – sei es, um auf andere Geschäfte aufmerksam zu machen oder bei ersten Cross-Selling-Gehversuchen.
Das Tüpfelchen auf dem i des Projekts war schliesslich die Anbindung der Sihl­tal-Zürich-Uetliberg-Bahn. Diese installierte Beacons im Hauptbahnhof sowie in einigen ihrer Züge. Die App-Nutzer hatten so Zugriff auf Fahrplaninformationen, aber auch auf die Bahngeschichte oder technische Details. Dies teilweise sogar in Form eines Audioservice – unter anderem auf Chinesisch und Hindi. Damit bekam die Technologie gleich wieder einen neuen Dreh. «Die indische Online-Community reagierte sehr positiv auf dieses Angebot», so Trentini.

Ob, wie im Beacon Report behauptet, die Zahl Leuchtfeuer bis 2018 auf 4,5 Millionen steigen wird, bleibt abzuwarten. Bei Sensebright sieht man dies gelassen. Denn hinter Beacons und App steht ein Content Management System, das nicht auf eine bestimmte Technologie festgelegt ist. «Das CMS hat zwei Ebenen: erstens die Topologie – in diesem Fall die Beacons. Zweitens der Content und dessen Verteilung», so Trentini. Bleibt die Beacon-Revolution aus, kann schnell auf andere Technologien gewechselt werden. Überzeugt ist Trentini aber von der Relevanz des Themas Proximity in Verbindung mit Smartphones. Und Wiedikon-Valley hat Interesse geweckt: «Momentan halte ich etwa einen Vortrag pro Tag über das Thema», freut sich Trentini.


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