Bessere Services? Kunden fragen!
Quelle: Swiss ICT Magazin

Bessere Services? Kunden fragen!

Thomas Fehlmann, SwissICT-Fachgruppe SwiSMA (Swiss Software & Services Metrics Association)

Sind Kaufentscheide immer nur rational bedingt? Man braucht keinen Einkaufsbummel durch eine Einkaufsstrasse im Januar-Ausverkauf um festzustellen, dass emotionale Faktoren eine Rolle spielen. Diese bedürfen allerdings der Validierung durch den Verstand: Budget und Bedarf vorhanden.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2012/03

     

Die Marketing-Abteilungen fortschrittlicher Firmen fragen heute ihre Kunden: Mit welcher Wahrscheinlichkeit würden Sie unsere Produkte oder unsere Dienstleistungen einem Freund oder Bekannten empfehlen? Diese Frage hat den Vorteil, den emotionalen Aspekt direkt anzusprechen, man kann auf einer Skala von „unwahrscheinlich“ bis „mit Sicherheit!“ antworten, und nachher immer noch nach den Gründen fragen. Zwar kann man dann die Gründe nicht mittels eines vordefinierten Antwortkatalogs erfahren, aber umso wertvoller ist es, wenn Kunden einem mitteilen, warum sie empfehlen oder eben nicht.

Als Promoter gilt, wer mit 90 oder 100 Prozent Wahrscheinlichkeit eine Empfehlung abgeben wird – oder würde, wenn er in eine entsprechende Lage käme. Als Detractor gilt, wer dies nur mit 60 oder weniger Prozent Wahrscheinlichkeit tun wird. Der Net Promoter Score berechnet sich aus dem Anteil Promotor minus dem Anteil an Detractors an der Gesamtzahl Befragter und ist deswegen eine Prozentzahl. Die Passives, also die mit 70 oder 80 Prozent Empfehlenden, tragen nur zur Gesamtzahl Antwortender bei. Die Firmen Satmetrixs Systems, Bain & Company und Fred Reichheld, welche die Methode erfunden, als Marke geschützt und popularisiert haben, gehen davon aus, dass nur ein positiver Net Promoter Score (NPS) das Überleben sicherstellt.

Funktioniert das vielleicht auch für ICT-Abteilungen? Müssen sich diese manchmal auch die Überlebensfrage stellen, angesichts von Outsourcing und Cloud?
Es ist auf den ersten Blick ersichtlich, welche Vorteile eine Net Promoter Umfrage gegenüber einem traditionellen Questionnaire hat: Es ist viel, viel kürzer.
Allerdings hat eine NPS-Umfrage auch einen Nachteil: Die Gründe, welche die Kunden zu seiner Antwort anführen, können nicht wie in einem Multiple-Choice-Medizinerexamen maschinell zusammengezählt werden. Man muss sie lesen und verstehen. Das letztere ist nicht immer einfach. Mehr noch: Im Zeitalter der Social Media erwartet der Kunde zu Recht, dass er eine Antwort bekommt, zumindest einen Feedback. Ein Kunde hat eben etwas mehr Rechte und vor allem viel mehr Gewicht als ein Medizinstudent!

Zum Glück gibt es jedoch die Techniken, welche die Analyse einfach machen. Alles, was es braucht, ist eine Frequenzanalyse der angegebenen Gründe, also Gruppierung nach Themenbereichen und Anzahl Nennungen, sowie etwas Wissen, mit wem man spricht. Das ist eine klassische Six Sigma Technik. Unterschiedliche Kunden¬segmente antworten unterschiedlich. Somit hat man eine klassische Transfer Funktion – wie in der Signaltheorie – wo man aus dem empfangenen Signal, also dem NPS-Ergebnis pro Kundensegment, auf die Gründe schliessen kann, welche das Signal bewirkten. Man kann sogar die Qualität der Analyse überprüfen, indem man validiert, dass das Resultat die in der Analyse gefundenen Gründe tatsächlich widerspiegelt.
Wichtiger ist es jedoch, die Gründe anzugehen, welche Kunden zu Detractors werden lassen. Denn Detractors sind gefährlich für eine Organisation; sie verhindern nicht nur nachhaltiges Wachstum, sondern bedrohen im Zeitalter der Social Media soger deren Existenz. Zu einer NPS-Strategie gehören also unbedingt „Closed Loop“-Aktionen, welche die interne und externe Gründe adressieren und eliminieren, welche Kunden daran hindern, ein emotional positives Verhältnis zu ihrem Lieferanten aufzubauen.

Während es relativ einfach ist, im ICT-Umfeld die Kundensegmente zu bestimmen – meist drängen sich Management, Administration, Verkauf und Logistik auf – ist es nicht ganz selbstverständlich, die möglichen Gründe für Empfehlung zu eruieren. Unser Vorschlag für fünf gängige Gründe sind: x1: Technische Kompetenz, x2: Business Fokus, x3: Antwort¬zeiten, x4: Prozessfähigkeit, x5: Planbarkeit der Ergebnisse. Eine NPS-Umfrage könnte dann ein Ergebnis liefern wie in der Abbildung dargestellt. Die Gewichtung der Gründe erklärt dabei den beobachteten Response und liefert der ICT die notwendigen Kriterien für die Verbesserung ihrer Dienstleistungen und damit die Sicherung ihrer Weiterexistenz. In diesem Fall Verbesserung von x2: Business Fokus und x4: Prozessfähigkeit. Andere Erklärungen können ausgeschlossen werden wenn sie nicht die beobachtete Frequenz der Themennennungen für die Gründe zu erklären imstande sind.

Damit ist gezeigt, wie einfach es ist, aus gängigen Net Promoter Score Umfragen wertvolle Ergebnisse auch im ICT-Umfeld herzuleiten und davon zu profitieren, dass man gezielt „Promoters“ gewinnen kann. Der ICT-Betrieb kann damit nur gewinnen, und der Aufwand, die Kunden mittels einer NPS-Umfrage zu befragen, ist sehr klein.



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